Unsere Lieblingsbücher

Ein Sommer in Sommerby Kirsten Boie *Buch und *Hörbuch

 
 
Bildquelle: Jumbo / Oetinger Verlag
Ein Sommer in Sommerby
Buch
von Kirsten Boie
mit Bildern von Verena Körting
1, Aufl. 2018 
320 Seiten  ISBN: 978-3789108839

 14,00€ 

 für Kinder ab  10 Jahren
Ein Sommer in Sommerby  
Hörbuch
Gesprochen von Julia Nachtmann
4 CD's: 5:48:22
1. Aufl. 2018
Jumbo Verlag
ISBN 978-3-8337-3840-1

12,95€



Eine spannende Feriengeschichte an der Schlei

Botschaft
Ich bin wichtig, ich bin etwas wert

Mein Lieblingsort ist eine kleine Bank an der Schlei mit dem Blick auf die andere Seite. Die meisten werden den Ort nicht kennen doch dort sieht es fast genau so aus wie auf dem Cover des Buches und des CD Covers.
Mein zweiter Lieblingsort ist nicht weit entfernt. Ebenfalls an der Schlei direkt am Wasser. Von dort guckt man auf eine kleine Insel mitten in der Schlei auf der nur ein  reetgedecktes Haus steht.
Nein, das ist nicht Kirsten Boies Beschreibung sondern meine denn es sind die Orte, die tief in meinem Herzen sind und genau von diesen beiden Orten erzählt Kirsten Boie. Auf YouTube gibt es ein Interview mit der Autorin und ich kann es kaum glauben, da sitzt sie genau auf unserer Lieblingsbank. Wieso wundere ich mich eigentlich? Ich kenne Kirsten Boie. Wir haben uns schon das ein oder andere Mal auch privat unterhalten. Ich weiß, dass sie dieses Gegend genauso liebt. Doch wieso gibt es dieses Buch erst jetzt?
Alles braucht seine Zeit. Vielleicht hat es die Zeit gebraucht. 
Auch wenn es für mich das Cover war,  das mich in die Geschichte zog und das Wort Sommerby, das mich an Schweden und Inga Lindström Romane und Verfilmungen erinnerte. Um so erfreuter war ich als ich erfuhr, dass meine Assoziation mit meinen Lieblingsorten an der Schlei absolut richtig war. Sommerby gibt es nicht. Es ist ein Mix aus Sommer, da es eine Sommergeschichte ist und der Endung "by" die aus dem Dänischen kommt und für Hof bzw. Bauernhof aber auch Dorf steht. Viele Orte im dänischen Grenzgebiet Schleswig/Flensburg und Rendsburg/Eckernförde enden mit "by".
Für die Geschwister Martha, Mats und Mikkel ist Sommerby nicht gleich ein Ort der Freude, werden sie doch mehr oder wenig notgedrungen unvorbereitet zu ihrer Oma aufs Land verfrachtet. Für Stadtkinder, im Zeitalter von Handy und Computer, noch dazu bei einer Oma, die sie eigentlich nicht kennen, keine gute Konstellation. Während der Vater der drei sich um seine in Amerika verunglückte Frau kümmert, lernen Martha, Mikkel und Mats mit der Zeit die Vorzüge des Landlebens kennen. Der Start ist alles andere als günstig. Kein Handyempfang, kein Computer  und auch kein Telefon. Nur Land, Wasser und Tiere, ja und eine sehr besondere Oma, die Fremde mit einem Gewehr begrüßt, jedoch mit viel Geduld und Einfühlungsvermögen, so schrullig sie auch für den ein oder anderen sein mag auf die Kinder eingeht. 
Kirsten Boie hat  hier so unterschiedliche Charaktere geschaffen, dass es eine wahre Freude ist sie alle kennen zu lernen. Einfühlsam und in einer wunderbaren Sprache beschreibt sie nicht nur die Gefühlswelt der Kinder sondern vermittelt uns auch ein Gefühl für die Gegend und das ganze Geschehen. Es ist so faszinierend welch unterschiedliche Wörter sie für ein und das Selbe kennt, Stimmungen transportiert und gleichzeitig unseren Wortschatz bereichert.
Atmosphären schafft, die schöner nicht sein können und in die hinein immer mehr zufriedenes Leben einzieht und es zum schönsten Sommer der Welt wird.
Der kleinste der Geschwister Mats geht sehr unbefangen mit der Situation um, findet gleich Gefallen an den Tieren. Martha, die älteste hingegen ist sehr skeptisch. Hinterfragt das Verhalten der Oma und gewinnt ihrem burschikosen Ton überhaupt nichts ab genauso wenig wie Annika, die Freundin der Mutter, die die drei auf den Hof bringt, sie aber am liebsten gleich wieder mit nehmen möchte. Doch irgendwie spüren die Kinder, dass sie dem ganzen Projekt eine Chance geben sollten. Schließlich ist die Gegend wirklich wunderschön, wäre da nicht das Medienloch und die Oma.
Die Kinder kennen ihre Oma genauso wenig wie sie ihre Enkel kennt. Der Prozess der Annäherung ist gepflastert von Erfahrungen, Lebenserfahrungen, die die Kinder machen und sie in kurzer Zeit zu sehr pflichtbewussten, verlässlichen und vor allem verständigen nicht medienabhängigen Menschen wachsen lassen, in dem Bewusstsein wichtig zu sein, etwas wert zu sein und genau das ist die Botschaft, die Kirsten Boien mit ihrer schönen Sommergeschichte vermitteln möchte. Kinder brauchen Aufgaben an und mit denen sie wachsen können um zu erkennen wie wichtig sie sind.
Man muss Kindern etwas zu trauen, so wie es die Oma der Drei macht. Auch wenn die Kinder zunächst nicht begreifen wieso sie plötzlich der Oma helfen sollen sind sie dem scheinbar strengen Regime der Großmutter erst einmal ausgeliefert. Nach und nach gibt sie ihnen mehr Aufgaben. Wichtige Aufgaben. Sie müssen Verantwortung für etwas übernehmen so wie Mats, der sich um die Hühner und Eier kümmern soll und Matha, der die Großmutter sogar zu traut das kleine Bott zu steuern und die Marmelade aus zu liefern. Ja und dann gibt es da noch ein unglaublich spannendes Abenteuer das auf uns Leser wartet. Matha, kombiniert, ist unglaublich mutig und schafft es mit Hilfe eines neuen Freundes sogar....
Am Ende möchte keiner der drei eigentlich mehr zurück in die Stadt und selbst die Eltern entdecken wie dumm sie damals waren, als sie wollten, dass die Oma das Haus verkauft.
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Für mich, ist Kirsten Boies Geschichte eine Reise in meine Lieblingswelt. Viele kleine Sequenzen in denen sie etwas beschreibt, was ich so gut kenne. Ob die Lotseninsel, das Rettungsboot Nis Randers oder einfach die Straßen mit den Pflastersteinen.
All diese Orte beschreibt sie so wunderbar, das ich sie spüre, vor mir sehe und mich ein Stück weit innerlich dort hin begebe. Hier hinein hat sie diese wunderbare, sehr kindgerechte, aber auch für Erwachsene sehr spannende Geschichte platziert. Eine Geschichte, die das Land und die Leute fantastisch beschreibt und gleichzeitig die sehr unterschiedlichen, oft auch hin und her gerissenen Gefühle der Kinder wunderbar transportiert. Das Thema Handy-Empfang und WLAN spielt immer irgendwo mit. Es wird deutlich, dass man es weniger braucht als man denkt, dass man es sogar einmal vergessen kann, gleichzeitig ist es aber auch unglaublich nützlich. Es ist halt immer eine Sache wie wichtig man es für sich selbst macht. Das erkennt auch Martha, die in dieser Geschichte neben ihrem kleinen Bruder Mats, der in seiner Naivität nicht nur sehr ehrlich sondern auch richtig drollig ist, eine tragende Rolle spielt. Zudem lässt Mats oft amüsante Sprache einen schmunzeln, so zum Beispiel wenn er "Frau Oma" sagt. Mikkel, der Mittlere der Geschwister verkörpert den besonnenen, sehr feinfühligen, ruhige Part. Das ein oder andere Mal habe ich mich gefragt: "was ist mit Mikkel?" Habe auch mal im Buch zurück geblättert ob ich etwas überlesen hatte. Aber nein. Mikkel ist immer irgendwie da aber nicht immer so offensichtlich präsent. Erst als er von der Großmutter für etwas beschuldigt wird, was er gar nicht getan hat kommt er aus sich heraus. Für kurze Zeit richtet sich der Fokus der Geschichte nur auf ihn.
Alle drei Kinder finden auf ihre Weise einen Zugang zum Landleben, der Großmutter und den Menschen dort.
Was sie erleben ist kein Bullerbü sondern im Hier und Jetzt und dennoch werden es sich viele Stadtkinder nicht so recht vorstellen können.
Kirsten Boies Buch spricht an weil sie auf moderne Weise über etwas ruhiges schreibt, in dem etwas erlebt wird, was viel spannender ist als ein Handy oder Computer.
Bleibt nun nur noch zu hoffen, das dieses Buch von vielen Kindern entdeckt wird.
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Das Buch ist wenig illustriert, lediglich kleine Bildchen in Form von Vignetten zeigen den Beginn eines neuen Kapitels an. Und dennoch hat man das Gefühl, dass genau diese kleinen Momentaufnahmen unsere innerlichen Bilder anregen und auf den Weg bringen.
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Einer unserer Leser sagte:" Kirsten Boie beschreibt alles so ausführlich und so toll, dass ich immer dachte das Buch hat ganz viele Illustrationen. Ich hätte schwören können, das das Buch viele große Bilder hat dabei waren das alles nur meine Phantasiebilder."
Ein größeres Kompliment kann man wohl kaum machen.
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Mich als Erwachsener zog die Coverillustration förmlich in das Buch, doch was für einen Zugang finden Kinder? Was  veranlasst sie zu diesem Buch zu greifen?
Einmal in der Woche haben wir eine offene Lesestunde. Hier kommen die Kinder und stöbern in den Neuerscheinungen, ohne das wir zuvor darüber gesprochen haben.
Ich lege die Bücher immer auf einen separaten Tisch und beobachte das Treiben.
In der letzten Woche kamen 16 Kinder im Alter zwischen 8 und 14 Jahren. Es sind nicht nur Kinder, die viel lesen. Einige nahen das Buch in die Hand legten es jedoch gleich wieder weg. Andere drehten es um lasen die kurze Beschreibung und drehten es wieder zurück. Keiner nahm das Buch. Grade als ich in die Runde fragen wollte wieso keiner diesen Titel ausgesucht hat nahm ein Junge das Buch in die Hand und verzog sich damit in die Leseecke. Kurz darauf kam ein Mädchen, das fragte wo denn das Buch sei.
Ich fragte dann doch noch.
Die Antworten:
"Das Buch war mir zu dick"
"Ich weiß nicht, ich glaube das ist ehr was zum Vorlesen für die Kleinen"
"Landleben ist doch nicht spannend"
"Das Cover ist mehr für Erwachsene, so'n Liebes-Heimatroman"
Wieso hat der 12 jährige Junge zum Buch gegriffen?
" Mich hat das Coverbild angesprochen. Es hat mich an unsere Sommerurlaube erinnert und ich mag Geschichten die in der Natur spielen. Ich lese sonst nicht so dicke Bücher, deshalb hab' ich es nicht gleich genommen aber es war zu verlockend und was ich jetzt gelesen habe ist spannend, witzig und echt cool."
Die anderen Kinder schauten neugierig zu uns. Man merkte wie sie nach dachten.
Ich bat den Jungen einfach einmal etwas vorzulesen und tatsächlich nach nur einer Seite waren alle neugierig auf das weitere Geschehen.
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Wieso ich das hier erzähle?
Ganz einfach. Es ist nicht unbedingt ein Buch, das Kinder sich alleine aussuchen. Es ist ein großartiges Familienbuch zum Vorlesen auch schon für kleinere Kinder ab etwa 5 Jahren und ein tolles Buch zum selber lesen nur muss man die Kinder vielleicht etwas neugierig auf das Buch machen.
Neugierig machen muss man Kirsten Boie Fans jedoch nicht, die stürzen sich von ganz alleine auf jedes neue Buch dieser wunderbaren Autorin, die uns mit ihren Geschichten seit über 30 Jahren verzaubert.
Die ehemalige Lehrerin, kennt ihre Zielgruppe sehr genau. Sie weiß wie sie Kinder zum Lesen motivieren kann.
Mit "Sommerby" wird sie mit Sicherheit viele neue Lesefans gewinnen.

Die CD
Auf der CD liest Julia Nachtmann vor.
Ihr gelingt es Stimmungen zu transportieren, die Charaktere der einzelnen Figuren herauszuarbeiten und unterschiedlich, auch stimmlich, darzustellen.
Über 5 Stunden einer Lesung zu lauschen ist eine ambitioniertes Projekt. Es wird kaum jemandem gelingen, ist aber auch nicht nötig. Kleine oder größere Pausen, vielleicht nach einer CD machen die Vorfreude auf das Weitere noch größer. Die Lesung ist nie langweilig da es Julia Nachtmann gelingt die Stimmen und Stimmungen so anzulegen, das man zuweilen das Gefühl hat einem Hörspiel zu lauschen und nicht einer Lesung. Durch die stimmliche Dynamik und abwechslungsreichen Elemente in Kombination mit der fantastischen Geschichte ist es ein absolutes Hörvergnügen, nicht nur für Kinder.

Ein Youtub Video vom schönsten Ort der Welt mit kleinen Ausschnitten gelesen von Kirsten Boie
https://www.youtube.com/watch?time_continue=189&v=yihTavnUpKo


Mehr von Kirsten Boie gibt es auf ihrer Homepage:
http://www.kirsten-boie.de/
Die gebundene Ausgabe erscheint im Oetinger Verlag
Hier gibt es auch eine eigenen Internetauftritt mit einigen Extras
http://www.oetinger.de/buecher/specials/sommerby/


Bildquelle: Oetinger Verlag
Ein Sommer in Sommerby   von Kirsten Boie mit Bildern von Verena Körting
1, Aufl. 2018  320 Seiten   14,00€  für Kinder ab  10 Jahren
http://www.oetinger.de/buecher/kinderbuecher/details/titel/3-7891-0883-9/25086/13730/Agentur/Sabine/Pfannenstiel-Wright/Ein_Sommer_in_Sommerby.html