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Und Papa seh ich am Wochenende

 

Bildquelle: Gabriel Verlag
Und Papa seh ich am Wochenende
von Martina Baumbach
illustriert von Barbara Korthues
32 Seiten
1. Aufl. 17. September 2020
ISBN: 978-3-522-30565-5
Gabriel Verlag
15,00€

Auf euch wartet ein Bilderbuch, das Kindern, wie Erwachsenen in einer Scheidungssituation eine große Hilfe sein kann, da sie genau die Situationen von außen erleben lässt, die viele in der Trennungsphase selbst erleben
für Kinder ab 4 Jahren

Diese Bilderbuchgeschichte beginnt mit einem heiteren, lustigen, ganz normalen Familienleben.

Leo liebt es mit seinen Eltern zu spielen und im Bett gemeinsam zu kuscheln. In den zauberhaften Bildern erleben wir wie gut es Leo geht. Das wir hier eine Geschichte erleben werden, in der es um Trennung und Scheidung geht, ist erst einmal nicht erkennbar. Wir erfahren sogar etwas über die Eltern und wie sie sich kennengelernt haben. Gerade dieses normale Familienleben und der Rückblick auf das Kennenlernen der Eltern schlägt dann aber die Brücke zum Thema, denn wir erleben, wie sich das Familienleben mit der Zeit verändert. Wie die Eltern, die einst so glücklich waren, immer öfter streiten und unglücklich in ihrer Beziehung sind. 
Der Vater schläft immer öfter auf dem Sofa und auch beim Essen herrscht eine seltsame Stimmung, die Barbara Korthues wunderbar in ein Bild einfängt, dass so viel mehr erzählt als Worte. Am Fenster ziehen dunkle Wolken vorüber aus denen es heftig regnet. Innen sitzt die Familie am Tisch, die Köpfe gesenkt, jeder scheint Angst zu haben hochzugucken. Trostlos, traurig, resigniert, ratlos. Selbst der Hund spürt diese Stimmung. Später hört Leo die Schranktür im Schlafzimmer der Eltern quietschen. 
Die Eltern haben ihm erzählt, dass sie sich trennen, dass der Vater auszieht. Leo will das natürlich nicht und denkt, wenn er sich versteckt, dann kann sich der Vater nicht verabschieden und ohne Verabschiedung wird er nicht aus dem Haus gehen. Auch holt er noch schnell Hund Greta zu sich, damit der Vater ja nicht auf die Idee kommt Greta mitzunehmen. Wenig später verlässt der Vater mit einem Koffer das Haus.
Einige Tage später kommt ein Möbelwagen und holt die anderen Sachen des Vaters ab. Vieles im Haus ist nun leerer, es ist etwas trostlos. Deshalb versucht Leo die leeren Stellen in den Regalen im Wohnzimmer mit seinen Sachen zu füllen. Am Tisch sitzt Leo nun mit der Mutter allein. An ihrer Hand ist kein Ring mehr und der Platz, an dem sonst der Vater saß, ist leer. Leo versucht nicht hinzugucken damit es nicht so weh tut. Die Mutter fragt ihn, ob er den Vater besuchen möchte. Einfühlsam versucht sie ihm zu erklären, dass das völlig oky ist, dass sie deshalb nicht traurig wäre. So richtig vorstellen kann Leo das sich nicht, denn all seine Sachen sind ja "Zuhause".
Leo gehen erstaunliche Gedanken durch den Kopf, die andere Kinder vielleicht auch haben. Auch hierauf geht die Mutter sehr sensibel ein. Liebevoll führt sie Leo dahin, dass er sich einen Besuch beim Papa vorstellen kann. Und so sehen wir auf der nächsten Doppelseite Leo bei seinem Vater. Dort hat er auch ein Zimmer, das allerdings noch recht leer ist. Wieder sind es die Bilder, die die Geschichte real, nahbar und verständlich machen und Kindern gleichzeitig vermitteln, dass ein Neuanfang, eine Veränderung nichts Bedrohliches ist, sondern auch neue Möglichkeiten eröffnet.
Als Leo mit seinem Vater ins Schwimmbad geht fühlt es sich erst einmal seltsam an. Seine Gedanken kreisen auch um die Mutter und Hund Greta, doch dann lernt er ein Mädchen kennen und plötzlich erleben wir, wie dieser Schwimmbadbesuch auch ein Neuanfang ist, der zwar viele Veränderungen mit sich bringt, die nicht so schön sind, dass dafür aber auch vieles Schöne dazukommen kann.
Die Geschichte fängt die Zeit des Streits, der Trennung, es Veränderungen und des Neuanfangs wunderbar ein. Genauso nahbar wird über den Tag der Scheidung und das neue weitere Familienleben in anderer Struktur gesprochen. Das, was erst so fremd und neu war wird nämlich mit der Zeit zu einem festen Ablauf zu einem neuen Leben, in das nicht nur Leo, sondern auch die Eltern erst einmal hineinfinden müssen, was sehr schön zum Ende der Geschichte zu erleben ist und einmal mehr zeigt, wie klug unsere Kinder doch sind.
Leo bittet seinen Vater beim Zurückbringen zur Mutter noch mit an die Tür zu kommen und er erklärt auch gleich wieso:
"Wenn ich mich immer selbst zu Mama zurückbringe, dann kennt ihr euch bald nicht mehr." Was uns zum Schmunzeln verleitet, ist in Wirklichkeit etwas, was für Kinder sehr wichtig ist. Vater und Mutter leben vielleicht nicht mehr zusammen, doch sie bleiben Eltern und sollten versuchen Freunde zu werden. Sie sollten versuchen einen Weg zu finden trotzdem miteinander sprechen zu können.
Das ist schwer, aber nicht unmöglich, was diese Geschichte mit all ihren Facetten wunderbar zeigt.
Das Buch endet mit hilfreichen Tipps für Kinder und ihre Eltern.
Auf der einen Seite gibt es in der Rubrik "Wie es dir bei den Besuchen gut gehen kann" Anregungen für die Kinder die direkt angesprochen werden und auf der anderen Seite Hilfestellungen. "Was dir hilft, um mit der Trennung deiner Eltern zurechtzukommen."
Die Tipps des Diplom-Psychologen und Psychotherapeuten Roland Kachler sind extrem hilfreich und in erster Linie erst einmal für die Kinder eine große Hilfe, doch auch die Eltern bekommen hierdurch Anregungen und Gedankenanstöße wie sie Kinder in der Lebensphase begleiten können und Rahmenbedingen zu schaffen, in denen sich Kinder wohlfühlen können.

"Und Papa seh ich am Wochenende" ist seit länger Zeit ein hilfreiches Bilderbuch, um Kindern zum einen zu zeigen, wie es zu Trennungen kommt und zum anderen wie sich so eine Trennung und Neustrukturierung ablaufen kann.
Kinder in einer Trennungssituation der Eltern finden hier ganz viele Anknüpfungspunkte und erleben gleichzeitig, dass es nach schlechten traurigen Zeiten auch wieder schöne Zeiten gibt, die zwar etwas anders und am Anfang ungewohnt sind, aber irgendwann einfach die neue Normalität sind.
Eltern, denen die Worte fehlen, um Kindern zu erklären, dass sie sich trennen werden, können das Buch wunderbar nutzen, um ein Gespräch dazu einzuleiten.
Martina Baumbach und Barbara Korthues haben es hier geschafft eine sehr vielschichtige Geschichte zu erzählen, die sehr viele unterschiedliche, typische Situationen, Gedanken und Gefühle beinhaltet und damit gleichzeitig ein Gefühl von Sicherheit, Verständnis und sogar Halt und Geborgenheit vermittelt.

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