Bildquelle: Aracari Verlag
Silberfunken
Plötzlich war alles anders
von Juliana Campos
mit Bildern von Daniela Costa
32 Seiten
1. Aufl. 26. August 2020
ISBN 978-3-907114-15-5
Aracari Verlag
14,00€
Eine sehr emotionale, bewegende Geschichte, die zeigt wie Krankheit Familie verändern kann
für Kinder ab 5 Jahren
Wie schlimm es für ein Kind ist wenn ein Elternteil sich durch eine Krankheit völlig verändert, das zeigt diese bewegende Geschichte von Juliana Campos, die seit längerem für die Organisation FAGILE Suisse tätig ist. Die Organisation setzt sich für mehr Sichtbarkeit von Hirnverletzten und ihren Familien ein. In diesem Zusammenhang entstand dann auch dieses Bilderbuch in dem sehr deutlich gezeigt wird wie sich das Leben der kleinen Mara verändert, als ihr Vater nach langem Krankenhaus- und Rhea-Aufenthalt wieder nach Hause kommt. Nichts ist mehr wie früher. Der Fels in der Brandung, der Mara Halt gab, mit ihr viel unternahm, immer für sie da war ist nur noch ein Schatten seiner selbst, auch wenn es schon besser ist als während des Krankenhausaufenthaltes, wo er Maras Namen nicht mehr kannte, oder sie Anna nannte. Jetzt sagt er Mara und das freut sie sehr, nur alles andere, was sie mit ihrem Vater sonst machte kann er nicht mehr. Er kann nicht mehr richtig mit ihr spielen, ist meist müde und sitzt nur in seinem Sessel. Das alles macht Mara nicht nur traurig sondern auch wütend. Auch ihre Mutter hat nicht mehr so viel Zeit für sie. Die Doppelbelastung aus Arbeit, Pflegeunterstützung und Familie mit Haushalt zehrt auch an ihren Kräften. Als Mara Geburtstag hat zeigt sich, dass sie nicht nur traurig und wütend ist sondern ihr ihr Vater auch peinlich ist. Früher hat er immer den Clown gespielt und ihre Freunde liebten es. Natürlich möchte er seiner Tochter auch dieses Mal die Freude machen, doch alles geht schief. Die Kinder lachen nicht über ihn, sie lachen ihn aus. Mara schämt sich für ihren Vater.
Als sie eines Tages den älteren früheren Nachbarn Sergio auf einer Parkbank trifft, verändern sich Maras Gefühle etwas. Sergio hört ihr zu, bemitleidet sie nicht, reagiert nicht wie all die anderen, wenn sie hören was passiert ist. Er versteht die Kleine und sie fühlt sich das erste Mal verstanden. Er erzählt ihr von seiner Tochter, die ebenfalls eine Hirnverletzung hatte und genau dies löst die Verbundenheit zwischen den beiden aus, in der Mara viel erfährt, was sie nachdenken lässt. Er erzählt ihr von Silberfunken in den Augen seiner Tochter, die zu entdecken ihm gut taten.
Das es jemanden gibt, der ihr zuhört, der genau versteht was sie fühlt, weil er ein "Leidensgenosse" ist, tut ihr gut. Langsam weicht die Wut gegenüber dem Vater, die im Grunde ein Ausdruck der völligen Hilflosigkeit und Traurigkeit war. Als Mara eines Tages mit ihrem Vater im See Schwimmen geht und dabei Silberfunken in seinen Augen entdeckt, versöhnt sie das und sie erkennt, das es zwar nicht mehr wird wir früher aber das es eine Zukunft für sie gibt, in der sie neue gemeinsame Erinnerungen aufbauen können.
Liebevoll umarmt sie ihren Vater und sagt:
" Papa, du bist ganz schön schräg. Aber mein Papa!"
Die so einfühlsam erzählte Geschichte ist ein Mutmachbuch für alle, die in einer ähnlichen Situation sind, denn sie erzählt von Gefühlen die sie kennen in denen sie auch leben. Nicht jeder hat das Glück einen Sergio kennenzulernen.
Die Geschichte von Mara und ihrem Vater steht zwar im
Zusammenhang mit einer Hirnverletzung, jedoch ist es letztendlich, eine
Geschichte, die für alle Krankheiten und Wesensveränderungen bei einem
Elternteil oder anderen geliebten Menschen adaptiert werden kann.
Es gibt den Stand „FRÜHER“ in dem man mir einer Person eine
besondere Beziehung aufgebaut hat, die selbstverständlich von sehr viel
Emotionalität geprägt ist. Emotionalität und Erinnerungen an schöne gemeinsame
Zeiten sind fester Bestandteil der eigenen Persönlichkeit geworden. Der
geliebte Mensch hat Raum in unserem Herzen, weil er so ist wie er ist.
Dann kommt die VERÄNDERUNG, das „JETZT“ mit ungewisser
Zukunft. Der geliebte Mensch ist nicht mehr der Mensch, den man in sein Herz
geschlossen hat. Er ist der SELBE doch das was ihn ausmacht hat sich verändert.
Er ist vielleicht nicht mehr der Fels in der Brandung, der, der immer hilft,
der lustig ist, der einen trägt. Plötzlich ist dieser Mensch verletzlich,
hilfebedürftig, verschlossen, traurig, vielleicht sogar abweisend, mürrisch,
unausstehlich.
All das macht betroffene hilflos. Sie müssen ihre Gefühle
neu ordnen und wissen nicht wie. Sie sind traurig, wütend, wollen den „alten“
Menschen wieder und spüren innerlich, das dies wohl nicht möglich ist.
Gerade Kinder werden von jetzt auf gleich in eine völlig
neue Situation katapultiert, die ihnen verständlicher Weise Angst macht. Das
diese Gefühle völlig oky sind, dass sie sich nicht dafür schämen müssen, wütend
auf den Kranken zu sein, dass es verständlich ist Angst zu haben, all das
nehmen die Leser mit aus dieser Geschichte, die auch zeigt, dass ein guter
Freund in dieser Situation sehr wichtig ist. Das schöne an der Geschichte ist,
das si nicht nur Kindern hilft, sondern auch Erwachsenen Wege aufzeigt für ein
Kind in dieser Situation da zu sein. Sicherlich reagieren und empfinden nicht
alle betroffenen Kinder wie Mara, denn jeder ist anders, doch lernen wir im
Zwiegespräch zwischen Mara und Sergio was Betroffene im Gespräch / Kontakt mit
anderen stört und was sie gut findet an Sergios Verhalten / Reaktionen auf das
was sie sagt.
Neben Maras veränderter Welt, bekommen wir aber von Zeit zu
Zeit auch ein wenig von der Gefühlswelt des Vaters mit, der genauso traurig
ist, nicht mehr so für seine Familie da sein zu können wie früher. All das, was
man früher gemacht hat nicht mehr das zu können ist für ihn genauso schwer. Und
so ist seine Wesensveränderung nicht nur direkt, sondern auch indirekt der
Krankheit geschuldet. Auch wenn die Kinder sich vielleicht ehr mit Mara
identifizieren, erkennen sie von außen betrachtet auch das Problem des Vaters,
oder der Mutter, die sich mit der Doppelbelastung auch verändert.
Für Mara ist die Welt aus den Fugen geraten. Nichts ist mehr
wie früher und nichts wird mehr wie früher sein. Sich und die anderen neu zu
finden ist eine Mamut Aufgabe, besonders für Kinder, d.as kommt in dieser
Geschichte sehr schön rüber.
Unterstützt durch die sehr
ausdrucksstarken Illustrationen, die klar fokussieren und den Betrachter
gezielt lenken bekommen Außenstehende ein gutes Gefühl für die Situationen und
gleichzeitig finden sich betroffene Kinder in der ein oder anderen Szene
wieder.
Auf der Webseite des aracari Verlag findet
ihr zum Buch eine pädagogische Handreichung, die als kostenloser Download
verfügbar steht. https://www.aracari.ch/user/buecher_begleitmaterial/19.pdf
Neben einer Adressenliste findet ihr dort Folgendes:
*Was ist eine Hirnverletzung?*Folgen von Hirnverletzungen
- Am Beispiel von Maras Vater die Folgen der Hirnverletzung erklären
- Erwachsene erklären Kindern eine Hirnverletzung
*Veränderter Alltag
*Gefühle bei Kindern
*Was gibt es im Alltag zu berücksichtigen - mit praktischen Tipps
*Schulisches Umfeld
Mehr zum Buch und einen Blick ins Buch bekommt ihr auf der Verlagsseite
Die Autorin Juliana Campos ist seit vielen Jahren für die Schweizer Organisation Fagile tätig. Der Verein setzt sich für mehr Sichtbarkeit von Hirnversetzten und ihren Familien ein. Sie berät und unterstützt in vielerlei Hinsicht.