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Was weinst du denn so viel, kleines Krokodil?

Bildquelle: Carlsen Verlag
Was weinst du denn so viel,
 kleines Krokodil?
von Nora Imlau
illustriert von Lisa Rammensee
26 Seiten Hartpappenbilderbuch
1. Aufl. 29. Juni 2023
ISBN: 978-3-551-17006-4
Carlsen Verlag
10,00€

Auf euch wartet eine ganz bezaubernde, sehr gefühlvolle Reim-Geschichte,
über Gefühle
das Weinen in all seinen Facetten,
 aber vor allem auch eine Geschichte, in der die Begleitung des Kindes ein ein zentrales Thema ist.
Weinende Kinder können nervig und anstrengend sein, dass ist keine Frage, doch jedes Weinen hat einen Grund.
Es gibt Freudentränen und Krokodilstränen, Wut-Tränen und....
Das Buch hat eine klare Botschaft an die Eltern und die formuliert Nora Imlau zum Ende der Geschichte auch noch einmal in einem Brief an die Eltern
Ein wundervolles Bilderbuch, das mitfühlt, Verständnis zeigt aber auch mal Schmunzeln lässt
für Kinder ab 2 Jahren

Schockverliebt!
Schockverliebt in dieses Bilderbuch, das sind bestimmt nicht nur die Kinder, für die es gemacht wurde.
Lisa Rammensees zauberhaften Illustrationen in Verbindung mit Nora Imlaus wundervoller, so einfühlsamer Reimgeschichte erobern die Leserherzen sicher im Sturm. Wir sind schon jetzt große Juli Krokodil-Fans und um es vorwegzunehmen, Juli Krokodil wäre auch eine schöne Identifikationsfigur für weitere Kinderthemen.
Doch nun erst einmal zu dieser Geschichte, die sich mit einem sehr präsenten Thema, im Kinderalltag bzw. im Alltag mit Kindern, beschäftigt. Das Weinen. Wir sprechen oft davon das jemand Krokodilstränen vergießt und das ist nicht immer nett gemeint.
In den Augen viele Erwachsener weinen Kinder auch mal aus Berechnung, um etwas zu erreichen......, doch das ist in den allermeisten Fällen nicht der Fall. Und selbst wenn sie absichtlich weinen würden, steckte ja auch dahinter ein Grund.
In "Was weinst du denn so viel, kleines Krokodil?"
werden die unterschiedlichsten Gründe fürs Tränen vergießen beschrieben. Nora Imlau beschreibt die Situationen, in denen Juli Krokodil weint so einfühlsam, dass die Kinder sich in den Situationen sofort wiederfinden können. Wobei das nicht so ganz stimmt, denn die Autorin lässt ihre kleine Protagonistin (oder ist es ein Protagonist?) selbst erzählen, was eine besondere Nähe zum Leser/Zuhörer schafft.
Eigentlich könnte Juli alles sein er*sie geschlechtsneutral würden wir sagen, doch da dies in den Gesprächen mit den Kindern immer zu holprigem Erzählfluss führt, weil ES für sie ungewohnt ist, einigen wir uns in solchen Fällen immer vorher auf ein Geschlecht. Ich weiß, es ist nicht so ganz oky, aber uns ist es wichtig, dass die Kinder frei erzählen und da darf dann auch mal eine Geschlecht zugewiesen werden. ES hat auch schon Geschichten gegeben wo eine Maria vorkam und die Kinder Maria als Jungen gesehen haben, weil ein Junge in de Kita Jona-Maria hieß. Wenn ihr mit einem Kind liest könnt ihr es genau auf euer Kind abstimmen. So ist die Nähe von Juli und euerem Kind am größten und sie können sich perfekt mit Juli identifizieren. Übrigens gab es Kinder, die meinten ein Krokodil ist immer männlich, weil Krokodile stark sind. Schubladendenken haben auch die Kleinen schon gut von den Erwachsenen abgeschaut und es ist gar nicht immer so leicht Kinder davon zu überzeugen, dass die Schubladen des Elternhauses oder der Großeltern nicht richtig sind.
                                                 
"Ich bin Juli Krokodil,
ich lache gern und laut und viel.
Doch klappt was nicht, so wie ich will, dann werde ich ganz blass und still. Dann füllen meine Augen sich
mit Tränen .... und dann weine ich." (Zitat)
Es gibt viele Situationen in denen Juli die Tränen kommen.
Im Kindergarten, wenn er*sie nach dem Essen direkt aufstehen möchte aber sitzenbleiben muss, bis alle aufgegessen haben, wenn ihr ganz unbeabsichtigt ein Missgeschick passiert, wenn sie beim Einkaufen bezahlen möchte und sich dann doch nicht traut, wenn jemand ihr beim Spielen etwas wegnimmt, wenn .... . Juli kommen aber auch in Situationen die Tränen, in denen er*sie mit anderen mitfühlt. z.B. als er*sie vom Bus aus beobachtet, wie einer Nilpferdfrau die Einkaufstasche reißt und die ganzen Einkäufe auf dem Boden liegen.
".... Gründe zum Weinen gibt es viele.
Sogar wenn ich vor Freude singe
und in Pfützen springe,
werden meine Augen nass-
nicht vor Ärger, nein, vor Spaß!" (Zitat)
                                
Juli weint, wenn er*sie traurig ist, wenn er*sie glücklich ist, wenn sie müde ist, wenn..... Die Tränen rollen einfach und sind nicht zu stoppen.
Das wiederum besorgt die anderen. Sie versuchen Juli abzulenken, zu trösten. Irgendwann gehen die Eltern mit Juli zum alten Haifisch, um sich Rat zu holen. Doch das hätten er*sie sich auch sparen können, denn der alte Haifisch, der von Lisa Rammensee hinter einen Tisch platziert wird, auf dem alles so drapiert ist, dass wir gleich den Eindruck haben, dass der Hai ein Arzt sein könnte, ist alles andere als feinfühlig. Er reduziert Julis Weinen darauf, dass sie gezielt Aufmerksamkeit mit ihrem Weinen erreichen möchte.

Er rät den Eltern:

"Lasst euch bloß nicht darauf ein,
dann wird hier ganz bald Ruhe sein."(Zitat)
Der Vater hingegen ist klug, mehr noch er ist richtig entsetzt und hält das alles für Quatsch und handelt komplett anders.
Er nimmt sich Zeit für Juli, ist einfach für sie da.
"Ich glaub, du brauchst ein Kuschelnest,
wo man dich einfach weinen lässt." (Zitat)
                                                    
Dieser eine entscheidende Satz bringt die Wende in Julis Geschichte. Von da an erfahren wir nicht mehr in welchen Situationen sie weint, sondern dass es oky ist, wenn sie weint. Das Weinen auch wichtig sein kann, dass man gar nichts dafür kann, wenn die Tränen rollen, dass Tränen auch stark machen.
Zum Schluss ihrer Geschichte fragt Juli:
"....lachst und weinst du auch so viel?" (Zitat)
Mit der Frage zu enden birgt ganz viel Potential für Gespräche mit den Kindern, in denen auf eigene Weinsituationen eingegangen werden kann.
Gleichzeitig ist das Buch gerade wegen dem Schluss auch das ideale Trost-Buch, wenn ein Kind gerade unglücklich ist und die Tränen rollen.
Mit Juli erleben Kinder, dass sie mit ihren Gefühlen, ihren Tränen.... nicht allein sind.
Es gibt viele Bilderbücher, die Kindern Geschichten erzählen, in denen sie sich wiederfinden können, in denen sie mit ihren Gefühlen und Erfahrungen andocken können, in denen sie sich verstanden fühlen und daraus so viel mitnehmen, dass wir davon sprechen, dass sie Kinder stärken. Dieses ist mit Sicherheit eines davon. Ein besonders schönes sogar. Doch viel mehr, als dass es Kindern Mut macht und sie stärkt, weil sie erleben, dass es völlig oky ist Tränen zu vergießen, ist es wichtig zu erwähnen, dass es auch Eltern stärkt und ihnen etwas ganz Wichtiges mit auf den Weg gibt.
Julis Vater kommt nach dem Besuch beim Haifisch zu dem Schluss, dass es völliger Quatsch ist, was der ihm quasi als Erziehungsrat mit auf den Weg gegeben hat, und handelt nach seinem eigenen Gefühl und sagt:
"Ich glaub', du brauchst ein Kuschelnest,
wo man dich einfach weinen lässt." (Zitat)
Es sind zwei Botschaften an die Eltern, die Nora Imlau hier platziert. Zum einen, so wie der Vater auf das eigene Gefühl zu hören und zum anderen baut eueren Kindern "Kuschelnester", was nichts anders bedeutet, seid für euere Kinder da, wenn sie weinen. Redet nicht auf sie ein, sondern begleitet sie unaufdringlich in ihren Tränen. Signalisiert ihnen, dass es völlig oky ist zu weinen, dass ihr einfach für sie da seid.
Das "Kuschelnest" ist nichts anders als euere Begleitung, euer für das Kind da sein.
Auf dem Cover steht ganz plakativ "Ein Mutmachbuch für alle feinfühligen Kinder". Sicherlich ist das ein Hinweis für alle Eltern mit sensiblen, feinfühligen Kindern, dass sie hier ein Buch an die Hand bekommen, dass genau diese Zielgruppe anspricht und sich genau diese Kinder in der Geschichte wiederfinden können.
Allen anderen möchte ich aber sagen, es ist ein Mutmachbuch für alle Kinder. Jeder ist mal mehr mal weniger sensible. Es ist vielfach einfach situationsbedingt.
Und ganz unabhängig vom Thema ist es auch einfach ein wundervolles Bilderbuch mit wunderschönen Reimen, die mitfühlend, verständnisvoll, aber auch lebendig und voller Dynamik sind. Gerade in der Schilderung der Situationsverläufe trifft hier das Erlebnis auf genau die Dynamik, die das Ereignis braucht, um perfekt transportiert zu werden.
Der Reimrhythmus ist gerade bei Kindern eine ideale Möglichkeit Botschaften zu vermitteln.
Ja und dann sind da ja auch noch die zauberhaften Illustrationen von Lisa Rammensee ohne die die Geschichte im Grunde gar nicht erlebbar wäre. Gerade kleine Kinder sind sehr visuelle Wesen. Nicht ohne Grund sprechen wir von BILDERbüchern.
Und wer Lisa Rammensees Illustrationen kennt, der weiß mit wie viel Liebe zum Detail sie die Geschichten zum Leben erweckt. Ihr werdet auch nach mehrmaligem Betrachten noch viel Neues entdecken.
Sie schafft es in dem Bilden zu fokussieren und das Augenmerk des Betrachters sofort auf das Wichtige zu lenken aber auch eine Geschichte drum herumzuplatzieren, die im ersten Moment nicht ablenkt, sondern erst auf den zweiten oder dritten Blick wahrgenommen wird. Gerade wenn die Kinder die Geschichte schon kennen, rückt das Geschehen im Hintergrund mehr in den Vordergrund. Das ist einfach toll.
Hier steht erst einmal Juli mit all ihren Gefühlen im Vordergrund. Die Mimik der kleinen je nach Situation zeichnet Lisa Rammensee so ausdrucksvoll, dass wir sofort mit Juli mitfühlen und verstehen, wie sie sich fühlt. Gefühle anderer erkennen ist auch eine Kompetenz, die so nebenbei auch gefördert wird.

Ihre sprechenden Gesichter sind fantastisch und verzücken immer und immer wieder nicht nur die kleinen Leser.
Aber da ist noch soooo viel mehr. Die bereits erwähnte Liebe zum Detail lässt Leserherzen immerfort höherschlagen.
Ob das der Toilettenring oder der Waschlappen mit Krokodilaugen ist, oder die vielen winzigen Details und nicht zuletzt die vielen Dinge, die wir aus anderen Büchern vielleicht schon kennen, wie Charaktere aus anderen Geschichten. Schaut euch z.B. die Szene im Bus einmal genauer an. Kinder entdecken sofort wer da "zu Besuch" ist.

Ihr seht, das Bilderbuch im Hartpappenformat hat ganz viel zu bieten.
Kurz zusammengefasst:
Es ist einfach wundervoll!
Es ist einfach bezaubernd!
Es ist ein absoluter Lesespaß!
Aber auch ein Mutmachbuch! 
Ein Trostbuch!
Ein.....
Ein Buch mit "Lebenshilfe" für Erwachsene und das nicht nur wegen des Elternteils, in dem sich Nora Imlau an euch wendet.

Also besorgt euch das Buch und lernt Juli Krokodil kennen.
Ich wünsche euch viel Lese- und Entdeckerspaß!

p.s. Besonders gut hat den etwas älteren Kindern ab 4 Jahren auch gefallen, dass Juli so mitfühlend mit Frau Nilpferd ist und es ihr weh tut, dass Frau Nilpferd so ein Pech hatte. Das Juli und ihre Mutter Frau Nilpferd zum Trost einen Kuchen bringen wurde immer wieder in Gesprächen total begeistert aufgegriffen.

Für noch mehr Informationen schaut doch einfach einmal auf der Seite des Carlsen Verlag vorbei. Der Link führt euch direkt hin https://www.carlsen.de/pappenbuch/was-weinst-du-denn-so-viel-kleines-krokodil/978-3-551-17006-4

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