Bildquelle: mvg-Verlag
Ein Zuhause für Ludwig
von Rene Silvergieter Hoogstad
mit Bildern von Jana Moskito
96 Seiten
1. Auflage
18. Mai.2021
ISBN: 978-3-7474-0289-4
mvg Verlag
12,99€
Renè Silvergieter Hoogstad erzählt eine ganz wundervolle Geschichte voller VIELFALT.
Eine Geschichte über eine kleine verlassene Fledermaus, über ein ganz bezauberndes Opa-Verhältnis, über Lillys Gefühle als Pflegekind, über eine tolle Familie mit zwei Papas und ganz, ganz viel Liebe zur Natur
Zum Vorlesen ab 4 Jahren
zum selber lesen für Gernleser ab 2.Klasse
(sonst etwas später)
Darf ich vorstellen:
Das ist Lilly mit ihre kleine Fledermaus Ludwig
Renè Silvergieter Hoogstad erzählt eine Geschichte, wie wir sie selten finden. Eine Geschichte voller Vielfalt. Vielfalt pur! Und damit meine ich nicht nur die Vielfalt von Familie sondern die Vielfalt im Allgemeinen.
Ein Zuhause für Ludwig ist die Geschichte, der kleinen Lilly, die als Pflegekind in einer sehr naturverbundenen Papa-Papi-Familie mit einem ganz tollen Opa lebt, und eines Tages eine verwaiste kleine Fledermaus findet. Wir könnten auch sagen es ist die Geschichte der einer kleinen verlassenen Fledermaus. Beides ist richtig und dennoch sind beide Beschreibungen sehr oberflächlich, denn was wir Leser hier erleben und mit auf den Weg bekommen ist weit aus mehr. Es ist eine Geschichte voller Empathie. Eine Geschichte über besondere Beziehungen von Mensch und Tier, über eine wunderbare Kinderfreundschaft, über eine besondere Beziehung eines Mädchens zu ihrem Opa, über Tiere, über Natur, über kindliche Gefühle, über Familie und sooooooo viel mehr. Hier trifft eine fiktive Erzählwelt, die unmittelbar an die Erfahrungswelt vieler Kinder anknüpft, und durchaus real sein könnte, auf Wissensvermittlung,
und genau das macht dieses Buch so besonders. Und ja, wer René Silvergieter Hoogstad und seinen Mann bzw. seine Familie und ihr Leben kennt, der findet hier sehr viel Parallelen.
Auf dem rückwärtigen Buchdeckel lesen wir: "Eine bezaubernde Geschichte über Zugehörigkeit, die zeigt, dass Familie da ist, wo Mut, Herz und Hoffnung zu Hause sind."
Familie ist dann auch der rote Faden der sich durch die Handlung zieht, denn als Lilly eine kleine Fledermaus, in einer Stroh befüllten Schubkarre im Schuppen, entdeckt stellt sich natürlich zuerst einmal die Frage, wo sind die Eltern, wo ist die Familie des Kleinen. Ob sie ihn suchen und holen werden?
Als Fledermaus Ludwig am nächsten Tag immer noch da ist, steht für Lilly fest, dass sie eine neue Familie für ihren Schützling suchen muss, was wiederum gar nicht so einfach ist. Als sie eine Amsel beobachtet, die einen dicken Wurm aufpickt hat sie eine Idee. Sie folgt der Amsel und entdeckt ein Nest mit kleinen Amselbabys. Wenn die Mutter ihre Kleinen mit Würmern und Käfern füttert kümmert sie sich vielleicht auch um Ludwig. Es ist einen Versuch wert, denkt Lilly und setzt die kleine Fledermaus vorsichtig ins Nest. Tatsächlich geht ihr Plan erst einmal auf. Ludwig wird mit gefüttert. Doch was auf den ersten Blick so wundervoll aussah hatte einen Haken. Amseln sind tagaktiv wohingegen Fledermäuse nachtaktiv sind. Der Schlaf-Wachrhythmus passte einfach nicht zueinander, und das spürt Ludwig deutlich. Da Lilly eine sehr gute Beobachterin ist erkennt sie das Problem und bringt ihren kleinen Freund erst einmal zurück in den Schuppen wo auch die Hühner ihren Platz haben. Huhn Trudchen nimmt sich Ludwig rührend an. Doch auch das ist keine Dauerlösung. Wieso verrate ich hier allerdings nicht. Für Würmer und Käfernachschub sorgt Lilly mit ihrem Freund Ivan, doch wer bringt Ludwig das Fliegen bei. Wieder kommt Lilly an einen Punkt an dem ihr klar wird, Ludwig braucht eine neue Familie, und wieder scheint es als hätte Lilly eine Lösung gefunden, denn es gibt auch Vögel, die in einer Baumhöhle wohnen und so könnte es zumindest für mit dem Tag-Nacht-Rhythmus für Ludwig etwas einfacher werden. Doch auch hier treten wieder ungeahnte Probleme auf. Mehr noch für Ludwig wird es kurzfristig sogar gefährlich.
Und dann dürfen wir miterleben, dass das Leben und die Natur viele Überraschungen bereit halten. Ludwig lernt fliegen und findet eine Familie, die wirklich gut zu ihm passt auch wenn es keine Fledermäuse sind.
Das ist der Kern der Geschichte, der mit ganz vielen Randgeschichten verknüpft ist. Randgeschichten, die fast genauso gewichtig sind wie die Suche nach einer Familie und einem Fluglehrer für Ludwig.
Randgeschichten voller Vielfalt in denen wir ganz viele Fakten über Fledermäuse erfahren, einen Einblick in Lillys Familienleben bekommen und das besonders schöne und intensive Verhältnis zum Großvater und ihren Papis.
Ganz besonders gut hat uns allen, Klein wie Groß diese einzigartige, warme und gefühlvolle Erzählweise gefallen, die so bildlich ist, das man schon vom Zuhören ganz viele Bilder im Kopf hat. Wie sagt man so schön es ist, als würde die Geschichte vor unserem inneren Auge zum Film. Wenn René Silvergieter Hoogstad erzählt fühlt man sich "wie auf einer Wolke. Man schaut auf alles und freut sich." O-Ton eines Mädchens (6 Jahre)
Ihr möchtet ein Beispiel?
Bitte schön:
Seite 10 ".....Dann atmete sie den Duft der Blumen ein, roch das grüne Gras, auf dem der Morgentau lag, und fühlte sich, als würde sie mit all den Vögeln und Bienen und Schmetterlingen gemeinsam durch die Luft fliegen.......". spürt ihr auch den Duft in euerer Nase? Vielleicht die frische Morgenluft auf euerer Haut? Wird euch ganz leicht zumute? Zaubert euch der Gedanke an die Wiese ein Lächeln ins Gesicht? Seht ihr, solche Emotionen kann eine feinfühlige Erzählweise auslösen und das beherrscht René Silvergieter Hoogstad perfekt. Emotionen und besondere Eindrücke transportieren auch die ganz bezaubernden Zeichnungen der tschechischen Illustratorin Jana Moskito, die die Geschichte begleiten und uns ebenfalls immer wieder schmunzeln lassen. Sie veranschaulichen Situationen und machen Gefühle sichtbar.
Jetzt könnte ich die Vorstellung des Buches beenden. Sie würde dann durchaus ein Bild vom Buch bzw. der Geschichte geben und dennoch ende ich hier nicht. Ich möchte euch auch an der Vielfalt der Randgeschichten teilhaben lassen, die meinen Lesekinder in vielen Gesprächen wichtig waren.
Fangen wir mit der Wissensvermittlung an, die so beiläufig und interessant in die Geschichte einfließt, dass es ganz automatisch in den Köpfen der Kinder hängen bleibt. Wissen über Fledermäuse und ihre Lebens- und Essgewohnheiten, über ihr Aussehen, die Flügel und oder auch, dass sie mittels Echo hören wo Insekten (ihr Futter) sind. Das Fledermausbabys Milch trinken, also gesäugt werden oder auch das Fledermäuse erst in der Dämmerung aus ihren Höhlen und Unterschlüpfen herauskommen.
Wir erfahren viel über Vögel wie die Amsel, das Gartenrotschwänzchen, den Kuckuck und die Eule. z.B. das Singvögel später anfangen zu brüten wenn der Frühling kalt ist. Besonders der Kuckuck hat es den Kindern angetan, der so gemein ist. Da legt der Kuckuck seine Eier tatsächlich zu anderen Vögeln ins Nest weil er zu faul ist sie selbst auszubrüten und dann versuchen die Kuckuckskinder auch noch die anderen Vogelbabys aus dem Nest zu schmeißen. Anstatt dankbar zu sein, dass sie aufgenommen und mit gefüttert werden machen sie den kleineren Vogelbabys das Essen abspenstig und schmeißen sie aus dem Nest, wo gibt es denn so etwas. Und die armen Eltern müssen dem Treiben meist noch tatenlos zusehen. So geschehen auch hier in der Geschichte, die jedoch dank Ludwig und weiterer Hilfe gut ausgeht.
Es ist eine der Randgeschichten, die meine Lesekinder sehr aufgewühlt und berührt hat.
Aber auch das Hühner-Thema stand hoch im Kurs. Wie liebevoll sich Huhn Trudchen um Ludwig kümmert und auf ihn aufpasst, wie liebevoll Lilly mit den Hühner spricht, aber auch wie nervig das Gekrähe eines Hahns sein kann beschreibt René so wundervoll, dass wir alle Hahn Pavarotti hören obwohl er ja gar nicht bei uns ist.
Wir erfahren aber nicht nur viel über die Tiere und die Natur. Wir lernen ein Lieblingsessen der Familie kennen, dessen Namen die allermeisten vorher noch nie gehört haben. Kennt ihr "Schawarma"? "Hört sich super lustig an", sagt eines meiner Lesekinder und hören, dass es dem Papa von Lilly an einen Urlaub in Ägypten erinnert. Renés besondere Erzählweise macht sofort neugierig . Also haben die Kinder gleich einmal geforscht was sich hinter dem so lustig klingendem Namen "Schawarma" denn eigentlich verbirgt. Und genau das ist es dann auch, was sich wie ein weiterer roter Faden durchs Buch schlängelt, die vielen Dinge, die wir erfahren, die neugierig machen und animieren weiter zu forschen um so Neues zu entdecken. Neben der Wissensvermittlung erleben wir auch die Vielfalt des Lebens , die sich z.B. in Lillys Sozialkontakten widerspiegeln. Ihr bester Freund Ivan kommt aus Russland und ihre Klavierlehrerin Frau Kim aus Korea. Und auch von ihnen erfahren wir so ganz beiläufig etwas. Wisst ihr was Huhn auf Russisch heißt? Oder das sich das koreanische Wort für Fledermaus ähnlich anhört wie "Hatschi", das meint zumindest Lilly in der Geschichte und hat damit gar nicht so unrecht. Vorschulkinder, einer meiner Lesegruppen haben herausgefunden, dass es Bagjwi heißt und das wird in etwa so ausgesprochen "Bagtschui". und erinnert in der Tat an "Hatschi" da die Betonung auf der letzten Silbe liegt und sich das "I" bei uns Hörern einprägt.
Lillys Freundschaft zu Ivan ist geprägt von sehr viel gegenseitiger Empathie. Lilly mag Ivan nicht nur weil er nie gefragt hat, wieso sie zwei Papas hat sondern auch weil er immer für sie da ist und ihre Papas cool findet. Lilly mag nicht so gern gefragt werden, wieso sie zwei Papas hat und das nicht etwas weil es ihr unangenehm ist zwei Papas zu haben sondern weil sie dann erklären muss, dass sie als Pflegekind bei ihren Papas lebt weil ihre leiblichen Eltern nicht für sie sorgen können. Hin und wieder überlegt sie ob ihr etwas fehlt, dabei weiß sie gar nicht so recht was ihr fehlen könnte. Der Gedanke, das eine ihre Mitschülerin mit der Mutter im Partnerlook Kleider trägt macht sie etwas traurig. Ivan jedoch ist der Ansicht, dass sie deshalb nicht traurig sein muss, weil eben dieses Mädchen im Grunde ganz Arm dran ist, weil die Mutter ganz wenig Zeit für ihre Tochter hat. Und noch besser er ist sich hundertprozentig sicher, dass Lillys Papi auch mit ihr im Kleid-Partnerlook (S.42) gehen würde - und damit hat er bestimmt recht-. Das diese Vorstellung gleich auch noch von der Illustratorin verbildlicht wird kommt bei den Kindern sehr gut an und wirkt wirklich wie das normalste der Welt.
Rollenklischees sind doch dumm. Das wird an einem weiteren Beispiel sehr deutlich, in dem nicht nur das Klischeedenken hinterfragt wird sondern das auch zeigt, wie viel Feinfühligkeit Lilly in ihrem jungen Leben entwickelt hat. Das sie diese Liebe zu anderen selbst von ihren Vätern erfahre hat und diese ganz selbstverständlich weiter trägt ist einfach toll.
So trägt es sich zu, das sich ein Holzsplitter unter Ivans Fingernagel bohrt. Klar tut das weh. Schon die Beschreibung lässt uns schauern. Doch Ivan leugnet zunächst den Schmerz. Versucht nicht zu weinen. Lilly merkt wie schwer es Ivan fällt die Tränen zu unterdrücken und erklärt ihm, dass es völlig oky ist wenn er weint. Das kommt für Ivan nicht in Frage. "Männer weinen nicht." Das wiederum sieht Lilly anders weil ihre Väter ihr etwas anders mit auf den Lebensweg gegeben haben.
"....jeder darf weinen. Mein Papi sagt immer, das auch starke Menschen zugeben, wenn etwas weh tut oder man traurig ist." Und dann ergänzt sie mit noch etwas sehr Wichtigem, ".....außerdem bin ich deine Freundin. Du musst dich nicht vor mir schämen." (S.33/34).
Diese wenigen, sehr starken, Sätze, lieferten unter den Kindern heftige Diskussionen und zeigt einmal mehr, wie klischeebehaftet Kinderleben geprägt durch die Eltern und das Umfeld schon ist. Schön, dass es Geschichten wie diese gibt, die anregen darüber zu sprechen.
Ihr seht, dies ist keineswegs eine weichgespülte Heile-Welt-Geschichte von Mensch und Tier sondern eben in jeder Hinsicht eine Geschichte voller Vielfalt . Die Leser erfahren einiges von Lillys Gefühlswelt und können sich erstaunlich gut in die Kleine hineinversetzten. Auch Ivan hat Probleme, die jedoch anderer Natur sind. In der Schule hat er keinen leichten Stand. Es gibt Kinder, die im nicht wohlgesonnen sind und ihn das deutlich spüren lassen. Dazu kommt, dass er das Gefühl hat nicht richtig Deutsch zu sprechen. Damit nicht genug hat er auch noch eine Lese-Rechtschreibschwäche. Hier wiederum ist es Lilly, die ihren Freund stärkt in dem sie ihm vor Augen hält was er gut kann und wie toll sie das findet.
Ich könnte hier wirklich noch viel über die Randgeschichten, die alle kleine Hauptgeschichten sind berichten aber das würde zu weit führen. Eingehen möchte ich jedoch noch auf den tollen Opa mit dem Lilly sehr viel verbindet. Er ist für die KLeine eine wichtige Stütze, ein Ratgeber und Freund. Er ist für sie da, leitet sie an- ohne zu dominieren- und weiß unglaublich viel. Das Vertrauensverhältnis der beiden würde ich mir für jede Großelternbeziehung wünschen. Leider stellte sich in den Gesprächen mit den Lesekindern heraus, dass gar nicht all zu viele einen regelmäßigen und intensiven Kontakt zu ihren Opas und Omas haben.
Ich sagte es ja bereits, es ist keine weichgespülte Heile-Welt-Geschichte und dennoch ist es eine Geschichte, die so leicht und locker, so empathisch, feinfühlig, lustig und spannend erzählt, dass man für eine kleine Weile das eigene Leben vergisst. René Silvergieter Hoogstad entführt und fasziniert uns mit seiner wirklich einzigartigen Erzählweise und seiner so vielfältigen Geschichte, die bei allen Randgeschichten in erster Linie eine Geschichte ist, die geprägt ist von dem Blick auf Familie und das bewusste Erleben der Natur. Lilly und Ludwig sind die Stars, die von vielen lieben Menschen in ihrem unmittelbaren Umfeld getragen werden. Nicht nur Kindern gibt die Geschichte der beiden viel. Auch Eltern- und Großeltern- können hier einiges mitnehmen, vor allem aber wird ihnen gezeigt, wie wichtig es ist Kindern Flügel zu geben. Was Papa, Papi und der Opa können, kann jeder, der bereit ist Gefühle zuzulassen und sich auf andere einzulassen. Geht mit offenem Herzen und offenen Augen durchs Leben.
So, genug geschwätzt, besorgt euch das Buch und lest es mit eueren Kindern. Lest es und sprecht darüber. Genießt es, schmunzelt und fühlt mit. Es ist ein Buch das gut tut und neugierig macht auf all das was das Leben so für uns bereit hält.
Es ist ein Buch, dass in keiner Einrichtung fehlen sollte.
Liebe Eltern, denkt daran Vorlesezeit ist Qualitytime!
Und für die größeren Kinder, die schon lesen können noch ein Hinweis:
Dank klarer recht großer Druckschrift und eines großen Zeilenabstands wird es Kindern, mit etwas Leseerfahrung und Lesefertigkeit, leicht gemacht die Geschichte selbständig zu lesen. Meine "Gern"-Lesekinder konnten es ab etwa Anfang Mitte 2.Klasse und die, die sich mit dem Lesen schwerer taten etwas später, wobei es durch einen sehr geschickten Blocksatz viele sichtbare Absätze gibt, die ideal sind um gemeinsam mit dem Kind zu lesen. Ich eine Stück, dann du ein Stück kann man hier wunderbar einteilen.
Und hier noch eine kleine Bastel-Anregung:
Wenn ihr nach dem Vorlesen vielleicht Lust bekommen habt Hühner oder Fledermäuse zu basteln, dann hält Bine Brändle ganz viele Downloads für euch bereit, die nicht viel kosten aber großen Spaß bringen. Darüber hinaus könnt ihr auf ihrem Instagramkanal https://www.instagram.com/binebraendle/
jede Menge Anregungen zu Basteltechniken finden, wie z.B. dem Öltrick mit dessen Hilfe Bilder transparent werden. Wenn ihr sie dann noch laminiert habt ihr tolle Fensterbilder, Beetstecker oder.....
Hier die Links dazu:
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