Unsere Lieblingsbücher

Der Junge und der Gorilla

Bildquelle: Annette Betz Ueberreuter Verlag
Der Junge und der Gorilla
von Jackie Azua Kramer
und  Illustrationen von Cindy Derby
48 Seiten
1. Aufl. 2020
ISBN: 978-3-219-11891-9
Annette Betz Verlag
14,95€

Ein einfühlsames Bilderbuch zum 
Thema Tod
für Kinder ab 4 Jahren

Kindern das Thema Tod näher bringen ist nicht leicht. Gut das wir immer wieder tolle Bilderbücher entdecken dürfen,
die Worte finden, wo wir oftmals keine Worte finden.
Schön ist es wenn man mit Kindern offen über das Thema Tod spricht und das nicht erst wenn es einen konkreten Anlass dafür gibt. Der Tod gehört zum Leben, auch dem eines Kindes. Redet man früh genug mit ihnen über dieses Thema ist sicherlich viel der Sprachlosigkeit wenn denn dann doch der Fall eintritt, nicht so groß wie ohne Vorbereitung. Aber auch wenn ein Kind noch nicht mit dem Thema in Kontakt gekommen ist, ist es nicht zu spät diese Bücher vorzulesen. In den meisten Fällen werden diese Bücher erst dann gelesen wenn es einen Anlass dazu gibt.
Diese Bilderbuch eignet sich sowohl um mit Kindern ins Gespräch über das Thema Tod zu kommen als auch um Kindern zu trösten und in der Trauer zu begleiten.
Wenn ein lieber Mensch stirbt, dann sind die, die zurück bleiben oft so in ihrer eigenen Trauer gefangen, dass sie gar nicht realisieren wie sehr sie von anderen insbesondere Kindern gebaucht werden. Gut wenn es dann jemanden gibt der das Bedürfnis nach Trost realisiert und da ist.
Genau so ist es in dieser sehr einfühlsamen Geschichte die mit wenigen Worten sehr, sehr viel erzählt.
Zunächst sehen wir nur Bilder. Bilder, die wir deuten und interpretieren können, aber nicht müssen. Es reicht sie wahr zu nehmen. Ein Gorilla der aus der Ferne gebückt gehende Menschen beobachtet. Allen voran einen Mann mit einem Kind an der Hand. Der Gorilla als Beobachter aus der Entfernung wirkt groß aber nicht bedrohlich. Ehr wie ein Fels in der Brandung, ein gutmütiger Beschützer. Wir sehen den Mann und den Jungen auf einem Sofa sitzen abseits der anderen und auch hier wieder beobachtet vom Gorilla der nun noch größer ist. Der Junge geht in den Garten und hockt sich vor ein Blumenbeet. Der Gorilla nimmt nun fast die ganze linke Seite des Buches ein während der Junge auf dem rechten Teil der Doppelseite klein und hilflos auf der Erde kauert.
Der Gorilla spricht den Kleinen an, bietet seine Hilfe an und der Junge fasst vertrauen zu dem großen Wesen. Er hat keine Angst vor ihm ist froh das er jemanden hat mit dem er reden kann. Mit dem er über seine Mutter, über seine Gefühle sprechen und auch Fragen stellen kann. Der Junge möchte wissen woran man merkt das jemand tot ist, ob alle sterben müssen, wo die geliebte Mama hin gegangen ist, ob sie nicht wiederkommen kann. Der Gorilla hat auf alles eine einfache Antwort. Klar, einfühlsam und ehrlich. Er ist für den Jungen der Fels in der Brandung, der Freund und Vertraute, die Hoffnung. Und der Gorilla weiß wie er etwas zu sagen hat um dem Jungen Mut zu machen und die Trauer sowohl zuzulassen als auch zu verarbeiten.
Der Junge ist aber nicht der einzige der Trost braucht, der Vater ist in seiner Trauer genauso sprachlos und traurig, dabei würde sein Sohn ihn jetzt am meisten brauchen. Der weise Gorilla ist immer da wo der Vater sein sollte und er schafft es das der Junge versteht das auch der Vater traurig ist, das er gemeinsam mit ihm trauern kann. Und so geht der Kleine auf den Vater zu holt ihn aus seinem Schneckenhaus heraus. Sie haben sich wieder gefunden, erinnern sich gemeinsam und finden so einen Weg ihr neues Leben miteinander zu gehen. 
Der Junge braucht seinen Gorillafreund nicht mehr, er hat seinen Vater und der Vater seinen Sohn.
Es gibt so viele Kinder die den Gorilla gerade brauchen weil Erwachsene oft eine Zeitlang sprachlos und unnahbar sind, gefangen in ihrer eigenen Trauerblase.
Die auf den ersten Blick düsteren Zeichnungen sind alles andere als duster und werden von den Kindern auch nicht als solches wahrgenommen. Vielmehr vermitteln sie ein besonders Gefühl von Geborgenheit, das nicht nur über die Figur des Gorillas transportiert wird sondern auch durch ein fantastisches Spiel von Licht und Schatten. Es ist ein sehr stimmungsvolles, gefühlvolles Bilderbuch dessen Bildsprache sehr beeindruckend und stark ist. 
Es ist ein bemerkenswertes Bilderbuch in dem sich trauernde Kinder sofort wiederfinden daher ist es auch ein wundervolles Bilderbuch für die aktive Trauerarbeit, in dem sich die Kinder nicht nur wiederfinden sondern auch verstanden fühlen.
Besteht die Möglichkeit die/den Erwachsenen mit einzubeziehen wäre dies toll denn auch sie finden ihren Platz in der Geschichte und damit ein Licht am Ende des Tunnels.