Unsere Lieblingsbücher

Großvaters Stern

Bildquelle: Tintentrinker Verlag
Großvaters Stern
eine Geschichte von Jean-Marie Robillard
mit Bildern von Xu Hualing
36 Seiten
TintenTrinker Verlag
ISBN: 978-3-9816323-7-8
16,00€


Eine Geschichte zum Thema Tod

Geschichten zum Thema Tod sind wichtige Geschichten, denn da wo uns Erwachsenen oft die Worte fehlen vermitteln sie  Hoffnung und Trost. Erklären was nur schwer zu verstehen ist, den Verlust eines geliebten Menschen oder auch Tieres.
Ich habe hier im Blog schon so einige Bilderbücher zum Thema vorgestellt, denn es liegt mir besonders am Herzen. Wenn ich mit Eltern aber auch Erziehern über das Thema Tod im Bilderbuch spreche bedarf es leider immer noch eines gewissen Zuspruchs auch mal im ohne Anlass ein Buch  zum Thema Tod vorzulesen. Mein Anliegen ist es Kinder nicht erst mit der Situation zu konfrontieren, wenn ein konkreter Anlass da ist.
Über den Tod zu sprechen ist gerade in der Entwicklung eines Kindes ein wichtiger Bereich, den man früh mit einführen sollte.
Bilderbücher machen in der Regel keine Angst. Sie vermitteln ein klares, aber sanftes erklärendes Bild wobei sich auf die unterschiedlichsten Weisen damit auseinandergesetzt wird.
"Großvaters Stern"
erzählt auf sehr stimmungsvolle, gefühlvollen und klar verständliche Weise, das Erinnerungen für ewig in unseren Herzen verweilen. Erinnerungen sterben nie und so ist der, der gegangen ist nie ganz weg. Wir können ihn nicht sehen, aber spüren´, er ist bei uns, immer.


Jean-Marie Robillard Geschichte zeigt wie schwer es für Erwachsene ist ihrem Kind zu sagen, das jemand gestorben ist.
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Spätsommer im Bärental.
Für den kleinen Bären bedeutet dies, das er bald wieder ein paar Tage bei seinem geliebten Großvater verbringen darf.
Als er eines Abends ein Gespräch seiner Eltern bruchstückhaft mit anhört ist für ihn klar, nun geht es bald zu ihm. Mit der Vorfreude und den Erinnerungen an die schönen Zeiten mit seinem geliebten Großvater schläft er ein und wacht voller Vorfreude mit eben diesen Gedanken auch auf. Die Traurigkeit in den Augen der Mutter deutet er als Abschiedsschmerz, weil er ein paar Tage weg sein wird. Auch das etwas reservierte Verhalten des Vaters erkennt der kleiner Bär nicht, so groß ist die Freude auf seinen geliebten Großvater.
Gerade als sein Vater ansetzt ihm zu sagen, das er dieses Jahr dort nicht seine  Ferien verbringen kann fällt ihm der kleine Bär ins Wort und ist gleich darauf schon auf dem Weg. Gefolgt von dem Vater, der es nicht übers Herz gebracht hat seinem Sohn die Wahrheit zu sagen. Unterwegs kommen die beiden immer wieder an Plätzen vorbei an denen der kleine Bär besondere Erlebnisse mit seinem Großvater verbindet und an denen er nun seinem Vater teilhaben lässt. Er ist stolz auf sich so viel gelernt zu haben und er ist sich sicher, dass der Großvater sehr stolz auf ihn ist. Stolz, dass er alle Düfte des Waldes mit geschlossenen Augen zuordnen kann, das er Großvaters geheime Ecken kennt wo die schönsten Beeren wachsen und stolz das selbständig Fischen kann, so wie es der Großvater ihm im vergangenem Jahr beigebracht hatte..
Immer wieder liefern uns die wunderbaren, unglaublich stimmungsvollen Zeichnungen von Xu Hualing Eindrücke von den Erinnerungen, die der kleine Bär mit seinem Großvater verbindet und so ist der Weg zum Großvater in die Höhle auch eine Reise der Erinnerungen gepaart mit der unglaublichen Vorfreude ihn wieder zu sehen. Eine fröhliche Geschichte, die uns durch den Übermut des kleinen Bären freudig stimmt wenn gleich wir etwas wissen, was der kleine Bär noch nicht einmal ansatzweise ahnt.
Im Laufe der Reise versucht der Bärenvater immer wieder seinem Sohn zu sagen, dass der Großvater nicht mehr da ist, doch sein Sohn ist so euphorisch, dass jeder Versuch im Ansatz vom mitreißendem Temperament des Kleinen erstickt wird.
So hat er nicht nur mit seiner eigenen Trauer zu kämpfen sondern auch mit dem schlechten Gewissen der Sprachlosigkeit, dem fehlendem Mut seinem Sohn vom Tod des Großvaters zu erzählen.
Es kommt es wie es kommen muss, sie gelangen an die Höhle. Doch die Höhle ist leer. Der Kleine Bär ängstigt sich findet in seinem Überschwang jedoch erst einmal viele Gründe wo der alte Bär sein könnte.
Jetzt musste der Vater Farbe bekennen. Behutsam und liebevoll konfrontiert er ihn mit der Wahrheit, die den kleinen Bären tief trifft.
Es ist als sei die Zeit stehen geblieben. Eng aneinander gekuschelt trauern nun beide um den geliebten Vater und Großvater, der ihnen so viel bedeutete.

Als es dunkel wird und die Sterne am Himmel zu leuchten beginnen, kommt langsam wieder etwas Leben in diese Schockstarre, der Trauer.
Der kleine Bär erinnert sich an einen Abend wie diesen als er mit seinem Großvater im Gras lag und den Sternenhimmel erkundete.
Da hatte er ihm eine besondere Geschichte erzählt, die Geschichte vom Erinnerungsstern und langsam wird es in seinem Herzen wieder etwas leichter.
Als er dann noch einen besonders hell funkelnden Stern entdeckt, der in sein Auge blinzelt, da ist ihm klar, der Großvater leuchtet in diesem einem Stern für immer in seinem Herzen und am Himmel und wird ihn so überall hin begleiten.
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Ein leises, schönes Ende einer turbulenten, Geschichte, die eine Reise zurück ist und im Jetzt ankommt.
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Das Cover wirkt melancholisch und führt uns in die Geschichte, die mal heller, mal dunkler aber immer mit Hoffnung und auch Freunde verbunden wird. Die Gesichter der Bären drücken die Emotionen aus, die die Geschichte nur ansatzweise verbalisieren kann, den Trauer ist nicht so greifbar wie Freude oder andere positive Gefühle.
Besonders der Wechsel aus ruhigen, poetisch, melancholischen Bildern und freudigen lebhaften visualisiert die Hoffnung und die Stärke von Erinnerungen. In der Trauer ist nicht alles Schwarz und nach dem Schwarz wird es auch wieder hell.
Für den kleinen Bären kam der Tod wie ein Knall. Wo grade noch überschwängliche Freude war ist plötzlich Totenstille. Gerade diese Stimmung fängt Xu Robillard unglaublich gut ein und vermittelt  in ihren Bildern das Gefühl, das es oky ist traurig zu sein. Das die Zeit für eine Weile scheinbar stehen zu bleiben scheint und doch weiter geht habe ich selten so gut in Illustrationen eingefangen gesehen.
Ihre Zeichnungen sind ganz besondere Kunstwerke, die ein schwieriges Thema einfühlsam darstellen.
Bild und Text verbinden sich auf absolut ideale weise. Kein Element geht voran sie sind eine Einheit. Da wo der eine aufhört zu erzählen setzt er andere ein.
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Was mich als Erwachsenen fasziniert ist die Visualisierung der Sprachlosigkeit der Eltern insbesondere des Vaters, der mit seiner eigen Trauer zu kämpfen hat und dennoch stark sein muss für seinen Sohn und dennoch an immer wieder an seine Grenzen kommt, wo ihm der Mut und die Worte fehlen.
Kaum ein Bilderbuch nimmt diesen Aspekt der Erwachsenen Trauer mit auf.
Gerade für Kinder, die die Geschichte hören und die Bilder anschauen ist dies ein wichtiger Punkt um auch zu verstehen das Eltern genauso trauern wie Kinder.
Wird das Buch einfach als Buch vorgelesen ohne besonderen Anlass sind die Kinder sensibel für die Situation des Vaters.
Wird einem Kind das Buch vorgelesen in einer unmittelbaren Trauersituation so kann es sein, das das Kind den Fokus nur bei dem kleinen Bären hat, weil der ihm in dieser Situation als Gleichgesinnter einfach näher ist.
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Ich hatte das Glück in deiner Kita mit Kindern im Alter zwischen 4 und 6 Jahren das Buch lesen zu können.
Im Anschluss haben wir viel geredet. Bücher das Buch, wie es ihnen gefallen hat, was sie aus der Geschichte für sich mitgenommen haben aber auch was sie für Erfahrungen mit dem Tod schon gemacht haben.Nicht alle hatten Erinnerungen oder Erfahrungen an jemanden der Gestorben war aber die die etwas erzählten haben alle unterschiedliche Geschichten erzählt wie sie es erlebt haben. Alle hatten etwas was ihnen halt gab so wie der Erinnerungsstern in der Geschichte des kleinen Bären.
Meine Lesekinder haben erstaunlicher Weise den Fokus sehr auf den Vater gelegt, der ihnen leid tat. "Da ist er schon so traurig weil sein Papa gestorben ist und dann schafft es es irgendwie nicht es dem kleinen Bären überhaupt keine Zeit lässt." sagt der kleine Johann 5 Jahre zu mir.
Alle anderen Kinder sagten auch etwas dazu. Sie formulierten anders aber meinten das Gleiche. Ich hätte nicht gedacht, das sich die Kinder so intensiv und emphatisch mit der Rolle des Vaters auseinander setzten würden.
Marie, 4,5  Jahre kam zum Schluss noch einmal zu mir und sagte:" Da hast du aber ein schönes Buch ausgesucht. Ich mag es auch mal wenn es lustig und traurig ist."
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Die Reaktionen der Kinder haben mich noch bis in den Abend begleitet, denn sie haben wieder einmal gezeigt, das es gut ist auch über den Tod zu sprechen.
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Dieses Buch werde ich mit Sicherheit noch sehr oft mitnehmen und das nicht nur zu Kindern, denn es hat auch eine Botschaft an die Eltern.


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