Unsere Lieblingsbücher

Die etwas andere Giraffe

Bildquelle: Fischer Rotfuchs Verlag
Die etwas andere Giraffe
von Nicola Kent
übersetzt von Mareike Weber
32 Seiten
1. Aufl. 30. Oktober 2024
ISBN: 978-3-7571-0022-3
Fischer Rotfuchs Verlag
15,00€

Auf euch wartet eine ganz zauberhafte farbenfrohe Geschichte
über das Anderssein/Inklusion
Mutmachend, gefühlvoll und inspirierend.
"Oft ist das eigene Gefühl anders zu sein, ein größeres Hindernis als die Andersartigkeit selbst" (frei nach Nicola Kent)
Für Kinder ab 3 Jahren

Die kleine Giraffe war eine ganz besondere kleine Giraffe. Sie hatte sechs Beine und drei Ohren. Das mit den drei Ohren war für sie richtig toll, denn so konnte sie noch besser dem wunderschönen Gesang der Vögel lauschen. Aber das mit den sechs Beinen war dann doch nicht so schön. Sie fühlte sich so anders wie die anderen Tiere und aus Angst, beim Spiel nicht mithalten zu können oder ausgelacht zu werden, mied sie lieber gleich den Kontakt zu den anderen und spielte alleine.
Doch eines Tages, als sie wieder einmal mit sich selbst Verstecken spielte, hörte sie ein "fröhliches Flapp-Flapp". Über ihr im Baum spielten ganz viele bunte Vögel ebenfalls Verstecken. Und als die Giraffe etwas genauer schaute, entdeckte sie einen Vogel mit drei Flügeln. Er hatte zwar drei Flügel und sah somit anders aus als die anderen, was ihn aber nicht daran hinderte, genauso ausgelassen und fröhlich mit den anderen zu spielen wie seine Vogelfreunde und auch die anderen Vögel schien es gar nicht zu interessieren, dass einer von ihnen drei Flügel hatte.
Der Vogel mit den drei Flügeln suchte das Gespräch mit der kleinen Giraffe, die ihm daraufhin erzählte, dass niemand mit ihr spielen möchte, weil sie ein bisschen anders ist. Nur das war ihre Meinung und gar nicht geprägt von negativen Erfahrungen. Sie selbst grenze sich aus, weil sie meinte, anders zu sein und somit nicht gewollt.
Der Vogel allerdings hinterfragte genau das und sang ihr ein Mut machendes Lied vor, dass bestimmt auch so manches Kind stärkt.
".....Anders oder gleich, das ist doch einerlei!.........Drum gib dir einen Ruck, verstecke dich nicht mehr! Sei stolz und stark, mutig und kühn - es ist nicht schwer!" (Zitatauszug)
Die kleine Giraffe kam ins Grübeln. Der dreiflügeligen Vogel, der auch noch drei Beine hatte, war gar nicht seltsam. Sie selbst nahm ihn also gar nicht als seltsam wahr. Ob die anderen Tiere das von ihr vielleicht auch dachten?
Die Leichtigkeit des kleinen Vogels beflügelte die kleine Giraffe und sie fing an, ganz unbeschwert mit den Vögeln zu tanzen. Das wiederum sahen die anderen Tiere. Ja, sie schauten auf sie. Aber nicht etwas, weil sie sechs Beine hatte und es seltsam aussah, wenn sie tanzte, sondern  weil sie es einfach lustig fanden und gerne mitmachen wollten. 
Da verstand die kleine Giraffe, wie dumm ihre Zurückhaltung und Angst war. Niemand lachte sie aus, alle freuten sich, eine neue Freundin und Spielgefährtin zu haben und nun freute sich auch die kleine Giraffe über das schöne, unbeschwerte, fröhliche Miteinander mit ihren vielen neuen Freunden.
Nicola Kent erzählt diese wundervolle Geschichte mit einer gefühlvollen Leichtigkeit, die durch die fröhlich wirkenden bunten Farben wunderbar transportiert und sogar in ihrer Wirkung noch verstärkt wird. Der auf den ersten Blick etwas kindlich-naive Illustrationsstil passt perfekt zur Geschichte und inspiriert gleichzeitig viele Kinder selbst einmal solche bunten Vögel zu gestalten oder eine Giraffe zu malen.
Mein Tipp: Die Vögel lassen sich wunderbar mit Fingerabdrücken gestalten.

Die meisten Geschichten von Anderssein und Ausgrenzung beschäftigen sich mit dem ausgrenzenden, oft sehr gemeinen Verhalten scheinbar "Normaler" gegenüber denen, die anders sind.
Hier haben wir nun eine Geschichte, in der wir erleben, dass sich die kleine Giraffe selbst ausgrenzt aus Angst vor negativen Reaktionen.
Wir erleben aber auch, dass es den anderen völlig egal ist, ob sie nun zwei oder drei Ohren oder sechs statt vier Beine hat. Für sie zählt es, ob man mit der kleinen Giraffe Spaß haben, ob sie eine Freundin sein kann.
Oftmals sind es die scheinbar "Normalen", die unsicher sind, wie sie mit denen, die etwas anders sind, umgehen sollen, denn auch auf dieser Seite gibt es Berührungsängste, die nicht sein müssten.
So haben wir zwei Positionen und in jeder hat man Angst aufeinander zuzugehen, obwohl man es vermutlich gerne möchte, so wie in unserer Geschichte.

Wie schön, dass es nun dieses Bilderbuch gibt, der Kindern, die sich anders fühlen, genauso Mut macht wie denen, die als "NORMAL" gelten.
(Wie ich dieses Wort "NORMAL" hasse!- es ist einfach nicht passend und dennoch verwendet man es)
Egal ob anders oder vielleicht fremd (neu) den Mut aufzubringen, zu einer Gruppe hinzuzustoßen, ist nicht leicht. Die Geschichte ist wie ein Wachrütteln, wie ein Appell an alle, so sensibel zu sein, auf andere zuzugehen, wenn man es möchte oder sieht, das sich ein anderer nicht traut.
Einladen und auch sich selbst einladen, das ist die Botschaft für mehr Miteinander.

So schön die Geschichte ist, und damit verbunden die Leichtigkeit nach anfänglicher Angst, ich bin nicht weltfremd. Kinder (auch Erwachsene) können sehr gemein sein. Gerade dann, wenn es um eine bestehende Gruppe geht. Ob auf dem Spielplatz, im Kindergarten oder Schule, ausgrenzendes Verhalten erleben wir überall und da ist es auch kein Wunder, wenn Kinder, die sich anders fühlen, Angst haben, zu einer Gruppe zu stoßen.

Vielleicht kann diese kleine Geschichte mit ihrer schönen Leichtigkeit beidseitig Barrieren in den Köpfen aller abbauen.
Je früher wir Kindern vermitteln, dass es ein Anderssein eigentlich nicht gibt, sondern jeder einzigartig und toll ist, je besser ist die Chance, dass sie das Anderssein als völlig "NORMAL" halten.
Anderssein ist das neue Normal, das unser Leben bunt macht. 


Mehr zu diesem wundervollen Buch erfährst du auch auf der Seite des Verlags. Der Link führt hin.