Bildquelle: Südpol Verlag
Wolkenknopf
von Anna Marshall
32 Seiten
1. Aufl. 03. März 2023
ISBN 978-3-96594-206-6
Südpol Verlag
16,00€
Auf euch wartet eine wundervolle, ausdrucksstarke, gefühlvolle und warmherzige Geschichte über Neuanfang in einem fremden Land dessen Sprache man nicht spricht.
Über Freunde finden ohne die selbe Sprache zu sprechen
Eine Geschichte die sensibilisiert und Verständnis schafft
für Kinder ab 3 Jahren
Die meisten von uns werden nicht ansatzweise wissen, wie es sich anfühlt alles hinter sich lassen zu müssen, um in einem fremden Land einen Neuanfang zu starten.
Wir können es uns vorstellen, doch in der Situation zu sein ist ganz etwas anders und als Kind ist es vermutlich noch einmal ganz anders und auch schwieriger. Man sagt immer Kinder finden schnell Kontakt, Kinder überwinden Sprachbarrieren schnell, doch wie erlebt ein Kind all das wirklich?
In dieser Geschichte erzählt die kleine Liah genau davon und schenkt uns mit ihrer Erzählung einen Einblick, der vieles in einem anderen Licht erscheinen lässt.
Liah ist mit ihrer Mutter in ein fremdes Land gezogen.
Sie musste sich von ihrer Oma und ihrem Opa von ihren Freunden und ihren beiden Katzen verabschieden. Alles, was sie so sehr liebte, was sie in ihr Herz geschlossen hatte, musste sie hinter sich lassen.
Wir erfahren nicht den Grund ihres Weggehens, dafür aber wie schwer es ihr gefallen ist sich in der neuen Welt zurecht zu finden.
Alles ist fremd. Ihre Mutter hat eine Arbeit in einem Laden gefunden, in dem Stoffe und Knöpfe verkauft werden und genäht wird. Wenn ihre Mutter arbeitet ist Liah ganz allein. Manchmal darf sie ihre Mutter zur Arbeit begleiten, wo alle sehr lieb zu ihr sind auch wenn sie niemanden versteht. Sie versucht in den Gesichtern zu lesen und hat gleichzeitig Angst vor den Fremden, die sie nicht versteht. Ihre Sprache macht ihr Angst. Für sie klingt es als würden "viele kleine Steine nacheinander auf den Boden fallen" (Zitat).
Bei einem der Besuche im Knopfladen bekommt Liah einen transparenten Knopf in Form einer Wolke geschenkt.
Sie hält ihn gegen das Licht und kann auf einmal ihr altes Haus, ihre Katzen, die Großeltern und die Freunde, die auf der Straße spielen sehen. Fortan schaut sie immer dann, wenn sie traurig ist, sich einsam fühlt, durch den Wolkenknopf und einsam ist sie oft. Sie meidet die anderen Kinder. Ihre "Steinsprache" macht ihr Angst. Wenn niemand zu sehen ist geht sie auf den Spielplatz, doch immer schwingt die Sorge mit es könne jemand kommen. Jemand den sie nicht verstehen wird.
Eindrucksvoll und gut nachvollziehbar lässt Anna Marshall ihre kleine Ich-Erzählerin Liah von ihren Gefühlen erzählen und schafft damit beim Leser eine Stimmung, in der uns die Kleine zum einen sehr leidtut und zum anderen etwas in uns bewegt, dass verstehen lässt. Vielleicht hatte das ein oder andere Kind schon einmal Kontakt zu einem Kind, das ebenfalls unsere Sprache nicht verstand. Jetzt können sie ansatzweise verstehen, wie es sich gefühlt haben könnte.
Als Liah sich einmal auf dem Spielplatz in einer Spielhütte versteckt wird sie von Kitty entdeckt. Nach einem anfänglichen großen Schreck erkennt Liah, dass es Kitty gut mit ihr meint. Trotz Angst und trotz des Nichtverstehens ist sie neugierig auf Kitty, die sich wirklich bemüht Zugang zu ihr zu finden und damit beginnt für Liah ein Weg raus aus ihrem Schneckenhaus und rein in ein neues Leben, in dem Kitty ihre neue Freundin wird und ihr langsam und behutsam spielerisch die so fremde Steinsprache beibringt. Sehr bemerkenswert ist wie die Autorin es schafft, Liah von ihrer Sprachlosigkeit erzählen zu lassen. Zeitweise hat man das Gefühl, als könne man selbst spüren, wie Wörter im Mund liegen aber nicht über die Lippen rollen können. Was die beiden zusammen machen, wie sie sich Verständigen auch davon erzählt Liah in dieser Geschichte an dessen Ende sie uns von einem ganz besonderen Traum berichtet. Einem wundervollen Traum von einem ganz besonderen Baum mit ganz besonderen Blättern und der es möglich macht, dass man sich überall auf der Welt verständigen kann.
Wie schön wäre es wohl, wenn es diesen Baum wirklich geben würde?
Anna Marshalls Geschichte ist unglaublich intensiv und erobert die Herzen der Zuhörer im Sturm, oder sollte man besser sagen Liah erobert die Herzen?
Dadurch, dass Liah ihre Geschichte selbst erzählt, entsteht sofort eine Verbindung von Kind zu Kind und auch wenn viele Kinder noch keine eigenen Erfahrungen mit dem Fremdsein und nicht-Verstehen gemacht haben werden sie nachempfinden können wie sich Liah gefühlt hat.
Für Kinder, die ähnliches erlebt haben oder erleben ist es schön zu sehen, dass sie mit ihren Ängsten und Gefühlen nicht allein sind. Das es anderen so geht wie einem selbst ist ein erleichterndes Gefühl.
Dank der ausdrucksstarken, sehr realistischen und mit viel Liebe zum Detail gezeichneten Bilder können die Leser sehr gut erleben was Liah macht, wie sie lebt und wie sie sich fühlt. Die Gesichtszüge und die Körperhaltungen sprechen hier eine deutliche Sprache.
Auch erleben wir hier, wie man ohne die Sprache des anderen zu verstehen miteinander in Kontakt treten und kommunizieren kann.
Schon das Cover lädt mit seiner fantasievollen Gestaltung aus einer Mischung von Realität und Fantasie in warmen, fröhlichen Farben macht neugierig auf die Geschichte, die wirklich sehr sensibilisiert und viel verstehen lässt.
Das Schöne an der Geschichte ist auch, dass zum Ende das Thema Sprache noch einmal auf ein anderes Level gehoben wird. Die Welt rückt immer näher. Wir fahren in fremde Länder und werden mit Sprachen konfrontiert, die wir meist nicht beherrschen. Gerade Kinder haben oftmals noch keinen Kontakt mit Fremdsprachen. In einem Urlaubsland wird es ihnen ähnlich gehen wie Liah, nur das sie nach dem Urlaub wieder in ihr eigentliches Leben zurückkehren was Liah nicht kann.
Gucken wir in Kitas und Schulen werden wir heute mehr denn je ein Konglomerat an Sprachen finden. Angeregt durch Liahs Traum vom "Sprachenbaum" an dessen Blättern Wörter in unterschiedlichen Sprachen hängen, die man sich je nach Bedarf pflücken kann, um sich verständigen zu können könnte man ganz wunderbar in Einrichtungen einen solchen Baum an einer großen Wand entstehen lassen.
Jedes Kind das zusätzlich zu Deutsch eine Sprache spricht kann die anderen mit Wörtern seiner*ihrer Sprache daran teilhaben lassen. Wir können wichtige Wörter zusammentragen und sie dank Internet in die unterschiedlichsten Sprachen übersetzten lassen, um die Wörter dann auf ein Blatt zu schreiben, was an den Baum kommt. Wenn man ein Bild von dem Gegenstand oder einer passenden Gebärde hat kann man so ein Blatt gestalten, dass den Kindern wirklich helfen kann sich zu verständigen.
Kommt und macht mit.
Gestaltet einen Sprachenbaum und bereichert den Alltag spielerisch.
Auf euch wartet ein sehr wichtiges Bilderbuch, das in keiner Einrichtung fehlen sollte. Ein Buch das Verständnis weckt, sensibilisiert und Brücken baut. Das inspiriert darüber zu sprechen und sich mit Sprache einmal etwas intensiver auseinanderzusetzen.