Bildquelle: Kunstanstifter
Durch den Wald
von Nele Palmtag
32 Seiten
1. Aufl. 2017
Kunstanstifter
ISBN: 978-3-942795-56-2
20,00€
Thema Mut, Angst überwinden,
Neues wagen / wer nichts wagt der nichts gewinnt
Eine Reimgeschichte
Nele Palmtag greift in ihrem Bilderbuch ein sehr interessantes Thema auf, das Eins zu Eins auf Kinder übertragbar ist.
Als ich es das erste Mal laß musste ich an Dr. Micheal Winterhoff und sein Buch
"Die Wiederentdeckung der Kindheit" denken.
Da leben ein Kater, ein Pudel und der Vogel Piep bei der alten Frau Lieb, die nichts anders zu tun hat als ihre drei Lieblinge von Morgens bis Abends zu umsorgen, zu betüddeln und zu behüten. Dies macht sie mit solch einer Bestimmtheit, dass es den dreien überhaupt nicht in den Sinn kommt sich dem zu widersetzten, etwas eigenes zu machen. Ja, und ob es Frau Lieb mit dieser Überfürsorge wirklich gut geht? Ich wage es zu bezweifeln.
Doch dann kippt die heile Welt im wahrsten Sinne des Wortes. Frau Lieb sucht ihre Lieblingskette, die einzige Erinnerung an ( und jetzt wird es spannend) ihre glücklichste Zeiten.
Überall sucht sie. Unter dem Bett, auf dem Bett unter dem Schrank und auf dem Schrank. Für Letztes muss sie allerdings auf die Leiter klettern und ihr ahnt es vielleicht schon, sie fällt von selbiger und muss ins Krankenhaus. Beide Beine sind gebrochen.
Oh, weh, was geschieht nun mit den drei verhätschelten, unselbständigen, bequemen Haustierchen?
Während Pudel und Kater nur jammern entdeckt der kleine Vogel Piep die Kette. Für ihn steht fest der Glücksbringer muss zu Frau Lieb ins Krankenhaus damit sie schnell wieder gesund wird.
Doch wo ist das Krankenhaus?
Eile ist angesagt damit sie dem Krankenwagen noch folgen können.
Erfreut sind Kater und Pudel nicht doch sie schnappen sich den Käfig mit Piep und machen sich auf den Weg durch den Wald. So richtig wissen sie nicht wo sie hin müssen schließlich haben sie die Gegend noch nie selbständig entdeckt. Jede Freigängerkatze hätte Rat gewusst doch unser Exemplar bevorzugte ja die Couch von Frau Lieb.
Der Wald ist dunkel und unheimlich und bewegen muss man sich auch noch. Nichts für unsere trägen Gesellen.
Sie machen sich gegenseitig Mut feuern sich an, schließlich braucht Frau Lieb ihren Glücksbringer. Plötzlich steht ein großes Wildschweinen vor ihnen. Er kennt die Drei. Weiß um ihr Schicksal als verhätschelte Schoßtiere . Wie ein Räuber sucht er nach Beute versucht sie zu überreden im Wald zu bleiben, doch nun geschieht erstaunliches. Die Drei erkennen die Gefahr, lassen sich nicht umgarnen sondern laufen schnell weg, noch tiefer in den Wald hinein.
Jeder kann sich vorstellen wie einsam und hilflos, wie ängstlich sie sind doch der Mut und die Lust auf Neues wird in ihnen wach. So laufen sie weiter durch die Nacht auf unwegsamen Wegen und dann geschieht es der Kater fällt in die Tiefe in einen rasenden Fluss. Der Käfig geht auf. Der Vogel muss lernen zu fliegen, denn der Kater kann ihm nicht helfen, der muss selbst sehen wie er sich retten kann. Doch es gelingt nicht. Gut nur dass auf einmal alle Tiere des Waldes da sind und mit vereinten Kräften die beiden aus dem reißendem Wasser retten. Wenn es drauf an kommt halten sie zusammen egal ob Waldtier oder verhätscheltes Haustier.
Mehr noch nachdem sie gerettet sind sorgen sich die anderen rührend um sie. Sie geben ihnen Wärme und Essen. Eine tolle Gemeinschaft, die da so scheinbar wild im Wald zusammen lebt, das erkennen auch der Kater, der Pudel und Piep der Vogel, der noch immer in seinem Käfig sitzt obwohl er doch heraus fliegen könnte. Niemand hindert ihn daran. Ein anderer Vogel kommt zu ihm. Er kann nicht verstehen wie ein Vogel der freu umherfliegen kann sich in einem Käfig versteckt und Piep, der schämt sich. Ein Vogel der nicht fliegen kann weil er es noch nie versucht hat doch nun bekommt auch er Mut. Angefeuert von seinem neuen Freund bewegt er die Flügel, immer mehr und immer besser und dann.... .
Dann ist er so hoch in der Luft, dass er sogar das Krankenhaus sehen kann.
Gleich darauf verabschieden die Drei sich von den neuen Freunden um Frau Lieb aufzusuchen, die sich riesig über den Besuch und natürlich über ihren Glücksbringer freut.
Sie erkennt und ist sogar sehr froh darüber, das sich ihre drei Lieblinge so mutig und selbständig der Situation gestellt haben.
Als die sich am Abend verabschieden um noch einmal zu ihren Freunden zu gehen ist sie keinesfalls entsetzt sondern sehr froh.
*
Das Buch endet mit dem Satz
"Es macht Spaß, das Leben, wenn man was wagt!"
Wer den wohl gesagt haben mag?
Das verrate ich hier noch nicht.
Ahnt ihr es?
*
Es ist eine so wundervolle Geschichte, die hier in Bild und Text erzählt wird.
Sie begeisterte unsere Kinder weil sie voller Abenteuer und Freundschaft ist. Alles Elemente, die Kinder gern in Bilderbüchern entdecken.
Gleichzeitig vereint es jede Menge Botschaften für all diejenigen, die so gerne pädagogische Elemente in Büchern sehen möchten.
Auch wenn ich Sozialpädagogin bin und selbstverständlich diese Elemente erkenne und auch nutze bin ich kein Freund davon Bilderbücher über ihre pädagogische Wirkung zu definieren.
Mir geht es in erster Linie um die Wirkung auf die Kinder und wie sie sich dem Buch nähern und einfühlen.
Daher lesen wir die Bücher, die ich im Blog vorstelle eigentlich immer erst mit den Kindern um diese Wirkung zu erleben.
Dabei nutze ich häufig mal die natürliche Neugier der Kinder um zu sehen wie sie auf ein Cover reagieren.
So auch bei diesem Buch, das ich einfach erst mal auf einen großen, ansonsten leeren Tisch, legte.
Die Kinder im Alter zwischen 3 und 7 Jahren kamen an diesem Tag eigentlich um mit mir zu basteln.
Es war noch etwas Zeit bis wir anfangen wollten und so kam es, wie ich schon erhofft hatte, das die Kinder um den Tisch standen und das Buch anschauten. Schon waren die Kinder im Gespräch.
"Ein Abenteuerbuch" sagte der eine Junge.
"Nein, ein Krimibuch" sagte ein anderes Mädchen.
"Wie kommst du da drauf" wollte der Junge wissen.
"Weil die sich doch mit dem Vogelkäfig wegstehlen. Siehst du das nicht?"
"Hm, die haben aber Angst" sagte ein anders Kind.
.....
Im Laufe des Gespräches sagte dann ein Kind zum anderen sie könnten ja man rein gucken.
Sie entdeckten die schwarz-weiß Zeichnungen vom Wald und kamen auf die Stichworte "Abenteuer" und "Wald".
Als sie dann aber weiter blätterten waren sie sehr überrascht.
"Was ist das denn. Was macht die Frau da?. Die fönt ja einen Hund!"
"Schade, kein Abenteuerbuch.........."
"Aber was denn dann?"
Eines der Kinder kam auf mich zu.
"Kannst du uns das Buch vorlesen?"
Ich führte an, dass wir doch eigentlich basteln wollten, doch schnell war klar, die Kinder waren viel zu gespannt was sich hinter diesem seltsamen Buch verbarg.
Mein Ziel war erreicht.
Die Wirkung des Covers macht neugierig auf die Geschichte.
Was sich hinter ihm verbirgt ist nicht gleich klar, es gilt zu entdecken, sich überraschen zu lassen.
Durch das Cover wird beim Betrachter eine besondere Spannung aufgebaut, die er bestätigt haben möchte, denn klar ist die Botschaft des Bildes nicht, das wurde ja auch in den Reaktionen der Kinder deutlich.
Der Wechsel von geheimnisvollen und klaren Botschaften mach die Geschichte so spannend und dynamisch.
Witzig und voller Elan illustrieren die farbigen Bilder das Geschehen. Die lustlose Routine genauso wie die Angst, den Mut , das wunderbare Erleben von Freundschaft und Gemeinschaft aber au h das Augenzwinkern von Frau Lieb.
Dabei wird die Geschichte und ihre Spannung nicht nur in den Bildern deutlich auch der Text unterstreicht dies in dem sie mal größer, mal kleiner der Situation angepasst, gedruckt ist.
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Aber nicht nur die Bilder erzählen diese Geschichte.
Nele Palmtag wählt die Reimform um uns in ihre Geschichte mit zu nehmen. Ganz bewusst denke ich, hat sie sich hierfür entschieden um durch das Tempo des Reims ebenfalls zu nutzen um Dynamik, Gefühl und Spannung tief wirken zu lassen.
Es ist nicht immer einfach ganze Geschichten in ansprechender Reimform zu erzählen. Am Anfang hatte ich so meine Zweifel ob es klappt doch die wurden schnell ausgeräumt. Sie lässt sich durch ein einfach gewähltes Reimschema ( aa,bb) wirklich gut lesen und ist gradezu ideal.
Für mich, und auch unsre Lesekinder ist dieses Buch in der Gesamtheit etwas ganz besonders. Die Bilder sind so ganz anders als in den meisten Bilderbüchern, gleichzeitig vermitteln sie häufig so ein "schönes Kribbelgefühl ím Bauch" ( sagt Nele eines unserer Lesekinder) das durch die geheimnisvollen Bilder in Kombination mit der Erzählung hervorgerufen wird. Kinder lieben Spannung mit etwas Angst, die sich dann in überraschenden Wendungen lösen.
All das bietet das Buch.
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Für alle, die nun doch noch das Pädagogische wünschen, ich denke die ausführliche Darstellung des Inhalts liefert genügend Informationen um daraus zu schöpfen.
Gesprächsanlässe liefert die Geschichte reichlich.
Sowohl über das bequeme Leben von Kater, Pudel und Vogel als auch die Überbehütung von Frau Lieb, über die Angst aus der Routine auszubrechen, etwas zu wagen, Mut aufzubringen, Fremden zu begegnen, sich etwas zu trauen und auch über das Loslassen, das Frau Lieb erstaunlicherweise sehr freudig betrachtet.
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Ich möchte diese Buchvorstellung mit einigen Sätzen aus dem Buch beenden, die ich gern für sich wirken lassen.
" Weißt du, da draußen, beteuern die drei, war's gar nicht gefährlich, eher wild und frei."
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"Wir woll,n noch mal los - noch mehr erleben, es könnte so viel zu entdecken geben!"
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"Es macht Spaß, das Leben, wenn man was wagt!"
Hier bekommt ihr noch einen kleinen Einblick ins Buch. Mehr Bilder findet ihr auf der Internetseite des Verlages, der Link oben führt euch dort hin
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