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Die gestohlene Weihnachtsgans

Bildquelle: Annette Betz Verlag
Die gestohlene Weihnachtsgans
von Johanna Lindemann
mit Bildern von Andrea Stegmaier
32 Seiten
1. Aufl. Herbst 2021
ISBN: 978-3-219-11899-5
Annette Betz Verlag
14,95€
Eine lustige, sehr ungewöhnliche Weihnachtsgeschichte
mit einem herrlich unperfekten, perfektem Weihnachtsfest
voll Miteinander, Hilfsbereitschaft 
und Diversität
-wer ist der Dieb?-
für Kinder ab 3 Jahren
Wozu gehört ihr, zum Team, lockeres Weihnachtsfest oder zum Team akribisch geplant? 
Die kleine Emma freut sich, wie wohl die meisten Kinder, auf Weihnachten, doch was sie dann erlebt ist erst einmal alles andere als Vorfreude auf das Fest, denn ihre Eltern möchte das perfekte Weihnachtsfest und geraten darüber ständig in Streit. Erst streiten sie darüber ob Emma den Weihnachtsbaum schon vor der Bescherung sehen darf, dann stellte die Mutter fest, das die Gans, die der Vater besorgt hatte zu groß für den Bräter ist und als der auch noch sagt, sie solle die Gans doch einfach so in den Ofen legen wird es noch schlimmer. Der Vater vergräbt sich hinter seinem Handy, die Mutter beschwert sich, dass er sich nicht an den Vorbereitungen beteiligt. Was für eine Vorweihnachtsstimmung. Und auch hier gibt es noch eine Steigerung, denn da die Gans auf Grund ihrer Größe nicht in den Kühlschrank passte, hatte die Mutter sie über Nacht in den kühlen Hausflur gestellt, doch am nächsten Morgen ist die Gans weg. Spurlos verschwunden. Ob die Nachbarn mehr über den Verbleib wissen? Das nette Pärchen aus dem zweiten Stock hat die Gans nicht gesehen.

Die Nachbarn aus dem ersten Stock, wussten auch nichts aber wollten Emma und ihre Familie gleich einladen mit ihnen ihr Essen zu teilen und die alte Frau aus dem Erdgeschoss, aß überhaupt kein Fleisch. Die Gans blieb verschwunden. Doch zu einem perfekten Weihnachtsfest gehört eine Gans. Also machen sich die drei auf zum nächsten Supermarkt. Ohne Erfolg, zumindest was die Gans angeht. Es wird aufregend, tragisch und am Ende sehr lustig. Wieder Zuhause gibt es ein sehr außergewöhnliches Weihnachtsessen mit guter Stimmung. Was will man mehr. Mehr gibt es dann trotzdem, denn gerade als sie essen wollten klingelt es an der Tür. Die Familie aus dem Erdgeschoss steht mit Essen vor der Tür. Also werden sie kurzerhand zum gemeinsamen Essen hereingebeten. Doch damit nicht genug, auch die anderen Hausbewohner trudeln nach und nach bei Emma und ihrer Familie ein. Jeder hat etwas mitgebracht und jeden begrüßt Emma auf ihre eigene Weise. Das nette Männer Pärchen aus dem zweiten Stock wird von der Kleinen kurzerhand als die zwei Heilige Könige eingeführt und die alte Dame, die ganz in weiß kommt wird als  Weihnachtsengel begrüßt.
So wird aus dem Weihnachtsfest zu dritt ein wundervolles Weihnachtshausbeisammensein, ein kunterbunten Weihnachtsfest fern ab von Klischees, Vorurteilen oder anderen Ressentiments.
Doch, "wer hat nun die Weihnachtsgans gestohlen?" Diese Frage bleibt offen, oder vielleicht doch nicht? Wer die Bilder ganz genau studiert insbesondere das vordere und rückwertige Cover, und wer genau zuhört und kombiniert, der findet vielleicht doch eine Antwort.
Diese perfekte Weihnachtsgeschichte über ein herrlich unperfektes, wundervolles Weihnachtsfest voller Miteinander zeigt nicht nur, dass nicht immer alles durchgeplant werden muss und wie man mit unvorhersehbaren Ereignissen umgehen kann, sondern zeigt vor allem wie schön ein Weihnachtsfest unter Nachbarn, unter Menschen, die nicht zur Familie gehören, sein kann. Hier spielt es keine Rolle, wer jemand ist oder woher er kommt. Einzig das gemeinsame Beisammensein zählt. Jeder hat etwas mitgebracht und teilt es mit den anderen. Niemand ist allein. Gibt es etwas schöneres?
Johanna Lindemanns Geschichte ist so unglaublich lebendig und gerade in Bezug auf die Weihnachtsvorbereitungen so wunderbar realistisch, dass nicht nur die Kinder beim Zuhören sondern auch wir Erwachsenen beim Vorlesen mehr als einmal schmunzeln müssen, denn im Grunde kennt jeder diese Situationen kurz vor dem Fest, kurz vor der Bescherung. Und auch wenn die meisten sich vornehmen es im nächsten Jahr anders zu machen, erwischen wir uns dann doch wieder dabei alles perfekt machen zu wollen und geraten genau in den Weihnachtsstress, den wir gar nicht wollen. Wie die Kinder das wahrnehmen und wie sie es erleben, davon können sie unzählige Geschichten erzählen, die oft sehr amüsant sind. Und so regt Johanna Lindemanns Geschichte nicht nur an über den Sinn oder Unsinn eines perfekten Weihnachtsfests nachzudenken sondern auch über eigene Erlebnisse zu sprechen.
Das diese Geschichte so lebendig ist verdanken wir aber nicht nur der Autorin. Andrea Stegmaiers Illustrationen geben der Handlung viel Raum für kleine Randgeschichten, sie versetzten den Leser in bestimmte Stimmungen, lassen schmunzeln und mitfühlen, und geben etwas Preis, das in der erzählenden Geschichte offen bleibt. Besonders das fantastische Mienenspiel, der einzelnen Figuren, in Kombination mit ihren Gestiken sind grandios. Gefühle wie Frust, Ratlosigkeit, Entsetzten und Freunde sind mehr als deutlich zu erleben. 
Sie lassen den Betrachter mitfühlen und sehr oft grinsen. Mit viel Liebe zum Detail versetzt die Illustratorin die Leser in weihnachtliche Stimmung und verführt uns zum Schmunzeln. Egal ob es die witzigen Weihnachtssocken sind oder die gestrickten Pullover mit großem Weihnachtsmotiv, die uns jedes Jahr aufs neue vor die Frage stellen, ob sie nun schön oder hässlich sind, der Betrachter findet immer wieder etwas was ihn amüsiert.
So verrückt, schön und inspirierend die Geschichte auch ist, sie kann auch nachdenklich stimmen. Das erlebt man zum Beispiel wenn man mit den Kindern in der Kita oder Grundschule über ihre Weihnachtsfeste, Weihnachtsrituale oder Weihnachtsgeschichten spricht. Familie ist heute nicht mehr Vater, Mutter, Kind, Oma und Opa, Onkel und Tanten. Es gibt viele Kinder, die allein mit einem Elternteil, oft auch ohne Geschwister Weihnachten feiern. Genauso wie, viele Kinder ältere Menschen kennen, die niemanden mehr haben, die ganz alleine sind. Bei Emma und ihrer Familie, war es die gestohlene Gans, die ein ganzes Haus beschäftigte und dazu führte, das sie alle zusammen feierten. Könnte es nicht viel öfter so sein?  Wieso feiern nicht viel mehr Nachbarn miteinander? Wieso wird nicht viel mehr Miteinander gelebt, nicht nur zu Weihnachten? Andere in sein Leben lassen, kann sehr bereichernd sein, das erleben wir in dieser Geschichte hautnah mit. Ein kunterbuntes Miteinander ist soooo schön. So wunderschön wie die Geschichte von der gestohlenen Gans.