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Streit! Und nun?

 

Bildquelle: Ravensburger Buchverlag
Streit! Und nun?
Das artgerechte Bilderbuch
von Nicole Schmidt
illustriert von Lisa Hänsch
32 Seiten
1. Aufl. 01. Februar 2025
‎ISBN: 978-3473463879
Ravensburger Buchverlag
14,99€

Auf euch wartet eine Geschichte, in der Kinder viele verschiedene "Spiel"-Situationen erleben, die sie aus ihrem SpieleAlltag kennen.
Zuweilen gibt es Konflikte, zuweilen fühlt sich jemand ungerecht behandelt, zuweilen gibt es Streit.
Hier erleben die Kinder, wie die Tierkinder ihre Konflikte lösen.
Ein Bilderbuch zum Thema Streit.
Wie löst man Konflikte?
Für Kinder ab 3 Jahren
STREIT ist ein ständiges Thema im Leben.
Meinungsverschiedenheiten, unterschiedliche Bedürfnisse, aber auch Missverständnisse und verschiedene Sichtweisen auf eine Situation oder zu einem Thema können zu Streit führen.
Mit ihrem ersten Bilderbuch "Streit! Und nun?"
möchte die artgerecht-Gründerin Nicola Schmidt Kindern zeigen, wie sie selbst Konflikte lösen können.

Grundlage ist, dass nicht die Erwachsenen (die Eltern etc.) sich einmischen und Streit schlichten, sondern die Kinder angeleitet von einem Älteren selbst Lösungen für ein Problem finden. Eine Lösung, mit der alle Beteiligten leben können.
Fuchs, Maus, Hirsch, Vogel und Schlange sind gute Freunde, die gern miteinander spielen, doch zuweilen gibt es auch mal Streit, was gar nicht so schlimm ist, wenn der Streit nicht eskaliert. Deshalb ist es so wichtig, dass man Streitereien schnell löst.
So zum Beispiel, als alle zusammen auf dem Spielplatz ankommen. Der Vogel fliegt sofort zur Rutsche und rutscht als erster die Rutsche hinunter. Die Maus folgt ihm.
Kein Problem, sagt ihr?
Nun ja, das sieht die Schlange anders. Sie ist sauer. Sie will auf mal zuerst rutschen. Der Hirsch sieht darin kein Problem, schließlich kommen doch alle mal dran.
Die Schlange empfindet das Verhalten der Schlange als Vordrängeln und auch die Maus ist verstimmt.
Streit liegt in der Luft, was Oma Maus nicht entgeht. Sie schaltet sich ein. Aber nicht um eine Regel festzulegen und damit zu bestimmen, sondern sie fragt Schlange und Maus:
"Was braucht ihr?" (Zitat) ***

Sofort machen Schlange und Maus ihrem Unmut Luft. Die Schlange meint -der Vogel drängelt sich immer vor und ist immer Erster. Die Maus ist es leid, immer nur Zweite zu sein. Der Vogel hingegen meint, er könne nichts dafür, dass er so schnell ist und der Hirsch ist, genervt weil sich Maus und Schlange streiten.
Oma Maus fragt: "Also-was könnten wir tun?
Was brauchen wir, damit ihr gemeinsam auf der Rutsche Spaß haben könnt." (Zitat)

Alle vier Tierkinder haben einen Vorschlag. Ich alle sind gut, doch mit einem können sich alle anfreunden und setzten das auch gleich um.
Dies ist nur ein Beispiel von vielen, wie diese Bilderbuchgeschichte aufgebaut ist. Es gibt immer eine Konfliktsituation (Streit), einen Erwachsenen, der sich das Problem und die Meinungen anhört und die Kleinen durch eine gezielte Fragestellung anregt, nach einer Problemlösung zu suchen, mit der alle zufrieden sind.

Wir erleben typische Spiel(patz) Probleme.
Es gibt nur eine Schaukel und die ist schon viel zu lange von einem besetzt. Ein anderer will auch, es kommt zum Streit.
Auch im Sandkasten gibt es Probleme und das nicht nur, weil einer eine spezielle Schaufel möchte. Doch für alles finden die Tierkinder eine Lösung, denn eigentlich sind sie ja Freunde und möchten nicht immerfort streiten.
Und Freundschaft ist dann auch das letzte Thema in der Geschichte, denn da kommt ein kleiner Dachs und möchte mitspielen.
Und was meint ihr, gibt es Streit, ob er mitspielen darf?
NEIN!
Hier rufen alle "KLAR!" ..."Alle oder keiner!" (Zitat)
Und freuen sich über einen neuen Freund.

Was für die kleinen Leser bestimmt ein gutes Vorbild ist, denn so sehr wir uns wünschen, dass Kinder immer so reagieren, erleben wir diese Situation im Alltag leider oft ganz anders.
Kinder lernen durch Erleben und dazu gehört auch das Erleben in Bilderbüchern.
Als Außenstehende auf Situationen zu blicken, vor allem auch auf Situationen, die sie kennen, bringt ihnen eine neue Perspektive, die sie reflektieren lässt und vieles auch einmal anders sehen lässt, weil sie sich hier nicht in der Position eines Beteiligten befinden.
Das geht mit diesem Buch ganz wunderbar, zumal Lisa Hänsch die Geschichte durch ihre tollen Illustrationen so lebendig und nahbar gemacht hat.

Die ausdrucksstarke Bildsprache lässt auch ohne die Text-Geschichte die Situationen genau erkennen. Zudem liefern sie den Blick auf das ganze "Spielfeld". Die Kinder erleben also nicht nur die Streitsituation, den Konflikt unter einigen der Tierfreunde, sondern auch wie die anderen Tiere offen oder auch mal heimlich dem Streit beiwohnen. Und sie erleben auch das Umfeld, denn die Vier sind nicht alleine auf dem Spielplatz.
Lisa Hänsch hat jeder auch noch so kleinen Figur einen eigenen Charakter verliehen, sodass hier viel, viel mehr zu erleben ist, als in der erzählenden Geschichte vorkommt. 
Für die Kinder gibt es übrigens zum Ende des Buches noch ein kleines wundervolles Entdeckerspiel, dass sie noch einmal ins Buch zurückführt.
Hier ist Konzentration angesagt und es wird die detektivische Entdeckerlust der Kleinen geweckt.
Auf 10 kleinen runden Vignetten sind Bildausschnitte zu sehen, die im Buch wiederentdeckt werden können. Gezielte Fragen geben einen kleinen Hinweis.
"Findest du den Dachs, der ein Laubhaus baut?"
"Findest du den.... ?"
"Auf welcher Seite....?"
oder auch "Wen erschreckt....?" und "Was packt der....?" Sind hier die Fragen.
Das Entdeckerspiel ist aber nicht nur ein visuelles Spiel, bei dem ein Bildausschnitt im Buch wiedergefunden werden soll. Jeder Bildausschnitt zeigt eine unausgesprochene Situation zu der die Kinder selbst eine Geschichte erfinden können.
Hier ein kleines Beispiel für das Suchspiel
                   
Eine Mini-Kritik der Kinder:
"Die Hirsche sehen irgendwie komisch aus. Mehr wie Bären!"
-*-Und ohne Kritik an der Erzählweise und dem Aufbau der Geschichte zu üben muss ich sagen, dass wir (die Lesekinder + Erwachsenen) festgestellt haben, dass es die wundervollen Zeichnungen von Lisa Hänsch sind, die dieses Buch zu einem großen Lesespaß machen.

Die erzählende Geschichte insbesondere die Art und Weise, wie die Lösungen der Konflikte zustandekommen, aber auch die Lösungen an sich ließen unsere Kinder nie unkommentiert und das durchaus auch mit Kritik und Unverständnis, was einmal mehr zeigt, wie Bilderbücher zu Diskussionen anregen können und inspirieren, eigene Ideen zu entwickeln. Es zeigt auch, dass es nie eine Lösung gibt. Was für den einen gut ist, muss für den anderen dann doch nicht optimal oder sinnvoll sein.
Also - kommt doch einfach über die Geschichte mit den Kindern ins Gespräch und findet vielleicht für die Probleme der Tierkinder Lösungen, die euerer Gruppe besser gefallen.

Nicola Schmidt hat im Anschluss an die Geschichte noch ein paar Gedanken und Tipps für euch Vorlesende, die ihr Kinder begleitet.
Es sind teilweise schöne Denkanstöße, die man wunderbar aufnehmen kann.
Es ist auch ein kleiner Verhaltenstipp für die Erwachsenen dabei, die meinen, bei Konflikten unter Kindern die regelnde Person sein zu müssen.
Kinder sollten lernen, für ihre Konflikte selbst Lösungen zu finden.
Wir Erwachsenen können sie genau zu diesem Weg hinführen, so wie es auch die älteren Figuren in der Geschichte gemacht haben.
Welche Fragen man als Begleiter stellen könnte, hat Nicola Schmidt hier im Anhang aufgelistet. Es sind kleine Ideengeber, die bestimmt vielen helfen.

Es gibt aber auch einen Punkt im Anhang, den wir hier einmal zur Diskussion unter euch Erwachsenen weitergeben möchten.
Nicola Schmidt schreibt:
"Konflikte gehören zum Leben… .
Es kann daher niemals darum gehen, Konflikte zu vermeiden, sondern darum, sie gut zu bewältigen" (Zitat) (das sehen wir genauso!)
Sie schreibt weiter:
"Und dafür brauchen wir keine "demokratischen Abstimmungen"- denn wer überstimmt ist, wird schnell frustriert und sauer. Wir brauchen Lösungen, die für alle passen......" (Zitat)

Vielleicht habt ihr ja Lust, auch einmal in euerer Gruppe (egal ob unter Eltern oder im pädagogischen Bereich Arbeitenden) dies zu diskutieren.

Mehr zum Buch erfahrt ihr auch auf der Seite des Verlags.
Der Link führt hin

PS: Euch ist vielleicht aufgefallen, dass ich bei der Vorstellung der Geschichte und eines Fallbeispiels den Satz: "Was braucht ihr?" (Zitat) mit ***versehen habe.
Wieso habe ich das gemacht?
Klar, um hier noch einmal darauf einzugehen.

Es gibt in der deutschen Sprache so viele unterschiedliche Arten, etwas zu sagen. Oft ist es auch die Betonung, die den Ausschlag gibt, wie der Satz beim Gesprächspartner ankommt.
Daher soll das hier keine Kritik an die Autorin sein, sondern nur ein Hinweis an euch.
Wir haben festgestellt, dass unsere Kinder mit der Frage "Was braucht ihr?" im Kontext der Geschichte nichts anfangen konnten.

Die Situation ist folgende. Maus und Schlange sind sauer. Die Vorgeschichte ergibt sich aus der Geschichte.
Jetzt kommt Oma Maus ins Spiel, die die Tierkinder anleiten möchte eigenständig eine Lösung für ihren Konflikt zu finden.
Dabei hört sie sich an, wo überhaupt der Schuh drückt.
Hier heißt es: "Schlange und Maus, ihr seht sauer aus. Was braucht ihr?" (Zitat)
Daraufhin erklären erst die Schlange, dann die Maus, was sie ärgert.

Wenn ich unsere Kinder frage: "Was braucht ihr?" Dann denken sie an etwas anders (je nach Situation) Zum Beispiel an etwas Materielles.
Die Kinder möchten etwas basteln. Also frage ich: "Was braucht ihr?"
"Was braucht ihr?" verstehen sie nicht als Aufforderung, von ihren Problemen zu sprechen.
Daher haben wir diese Frage im Buch ersetzt durch die konkrete Frage:
"Was habt ihr für ein Problem?"
Was auch mal abgewandelt wird mit „Wo liegt euer Problem?" oder "Was ärgert euch?"

Mehr über artgerecht und Nicola Schmidt erfahrt ihr auf ihrer Webseite
der Links führt euch zu
artgerecht-Gründerin Nicola Schmidt
https://www.artgerecht-projekt.de/ueber-uns/

Mich hat das Konzept an meine Diplomarbeit erinnert, in der ich mich unter anderem mit Hubertus von Schoenefeld und seinem Konzept "Unterstützen statt erziehen" beschäftigt hab
(Oh Gott, ist das laaaange her!😂)

Hier noch ein kleiner Hinweis auf die Gestaltung / Umsetzung 
Es gibt immer eine Doppelseite, auf der die jeweilige Streitszene zu erleben ist. Die darauf folgende Doppelseite zeigt auf der linken Seite, wie jemand die Tierkinder anleitet, eine Problemlösung zu finden und auf der rechten Seite gibt es kleine Bildsequenzen mit den Lösungsvorschlägen der Protagonisten und zum Schluss mit dem, worauf sie sich geeinigt haben.

Fazit:
+
Es ist ein Buch über das Streiten und wie man Lösungen finden kann.
Es gibt viele Alltags- Spiel-Konflikte, die Kinder aus ihrem Alltag kennen.
Das Buch ist toll illustriert und des gibt in den Bildern viel zu entdecken
Dazu gibt es ein schönes Suchspiel, dass Kinder veranlasst, noch einmal ins Buch zu schauen und auf Entdeckungsreise zu gehen.
Für Erwachsene gibt es eine extra Doppelseite mit Tipps.
-
Der Erzählstil ist anders als in vielen anderen Bilderbüchern.
Er gleicht mehr einer erzählenden Schilderung, und ist sehr auf den Konflikt reduziert.
Dies ist perfekt für die Intention, die das Buch verfolgt, doch die Kinder sagen: "Die Geschichte ist nicht spannend. Sie ist nicht lustig und sie macht auch nicht neugierig." 
Ich möchte nicht sagen, dass es zu sichtbar pädagogisch ist, doch sagen viele Kinder bei uns:
"Irgendwie hat das Buch keinen Spaß gemacht, dass müssen wir nicht noch mal lesen."
Was sie aber gern gemacht haben und machen ist, dass sie einfach im Buch blättern und sich in die Bilderwelten vertiefen. Sie gucken sich die Tiere genau an, beobachten, was alles passiert und erfinden ihre kleinen Eigeninterpretations-Geschichten.
Was wiederum positiv ist, weil sie sich eigenständig mit dem Thema Streit beschäftigen, der überall zu entdecken ist. Es gibt aber auch lustige Bildelemente. In den Bildern ist die Abwechslung zu erleben, die den Kindern in der Geschichte fehlt. 
Das der Fokus nur auf dem Streit und der Problemlösung liegt und es zwischendurch keine nennenswerten komischen Situationen (Situationskomik) gibt, ist Angesicht der Thematik vielleicht begründet, doch genau diese Elemente würden vermutlich den Lesespaß liefern, die Kinder vermissen, die sie aber beim eigenständigen Entdecken der Bilder finden und hineininterpretieren, sodass dann der Spaß kommt.
=
Möchte man Kindern bewusst etwas zum Thema Streit und Konfliktlösung vorlesen, ist das Buch toll.
Im Kinder-Spielalltag gibt es ähnliche Konflikte, die man so mithilfe des Buches von außen beleuchten kann.
Ob es ein Buch ist, dass Lesespaß bringt, sollte jeder selbst entscheiden. 
Bei uns ist es nur bedingt angekommen.