Bildquelle: Annette Betz Verlag
Die schönste Laterne der Welt
von Johanna Lindemann
mit Bildern von Stephan Pricken
32 Seiten
1. Aufl. Herbst 2019
ISBN: 978-3-219-11813-1
Annette Betz Verlag
14,95€
Eine alltagsnahe, sehr emotionale,
ganz wundervolle
St. Martin Geschichte
für Kinder ab 3 Jahren
Diese einfühlsame Geschichte erzählt die Geschichte von St. Martin auf ganz besonders schöne Weise. Hier findet sich jedes Kind wieder, kann jeder mit seinen bereits gemachten Erfahrungen mit reden und mit empfinden.
Ich habe wirklich schon sehr lange keine so wunderschöne St. Martinsgeschichte entdecken und vorlesen dürfen.
So schön wie die Geschichte jedoch ist desto tragischer und emotionaler ist sie auch. Eigentlich müsste ich noch "leider" zusetzten denn vieles von dem was wir hier erleben ist leider Kinderalltag.
Wie wohl die meisten Kinder freut sich auch Anton schon ganz lange auf den Laternenumzug zu St. Martin und wie in vielen Kindergärten gibt es auch bei Anton den Laternenbastelnachmittag mit den Eltern.
Während alle anderen Kindern mit Hilfe ihrer Eltern wunderschöne Laternen basteln, bemüht sich Anton vergebens. Sein Vater kommt und kommt nicht und niemand hilft Anton. Anschaulich erleben wir sowohl in der Geschichte als auch de Bildern wie sehr Anton sich bemüht seine Laterne zu basteln und immer wieder an den unterschiedlichsten Problemen scheitert.
Sofort haben wir großes Mitleid mit dem Kleinen und würden am liebsten herbeieilen um ihn zu helfen.
Meine Lesekinder in der Vorlesestunde im Kindergarten konnten gar nicht glauben, dass niemand sich zu Anton setzt um ihm zu helfen. "Wie gemein!" war eine häufig hereingerufene Reaktion.
Als Antons Papa dann doch kommt hilft er zwar die Laterne zu Ende zu basteln jedoch handelt es sich mehr oder weniger um einen halbherzigen Versuch denn eigentlich hat Antons Papa weder Zeit noch Lust.
Ein gestresster Papa ist schon schlimm genug, aber ein gestresster Papa, der dann auch noch basteln soll und im Grunde nicht bei der Sache ist, ist noch schlimmer fürs Kind.
Während alle Kinder mit ihren tollen Laternen herumlaufen muss Anton resigniert feststellen, dass seine Laterne eine einzige Katastrohe ist. Ein Monster das nach einem Elefant aussieht. Ein Monsterfant, den die anderen nur belächeln. Meine Lesekinder sind sich zwar einig, das Antons Laterne die einzig "coole" ist, aber die Kinder in Antons Kindergarten sehen das wohl anders und vor allem Anton selbst ist traurig über das Ergebnis.
Damit jedoch nicht genug. Da der Vater es eilig hat geschieht wenig später die nächste Katastrophe, die aus dem Monsterfant einen BeulenMonsterfant macht.
Armer Anton, hatte er sich doch so sehr auf den Laternenumzug und eine schöne Laterne gefreut.
Beim zu Bett gehen entschuldigt sich der Vater bei Antons doch am nächsten Tag beim Laternenumzug sind sie wieder spät dran, schaffen es aber bis zum Start des Zuges da zu sein. Überglücklich läuft Anton mit seiner Laterne im Zug mit und singt fröhlich die Lieder mit als ein Junge unfreilwilliger Weise stolpert. Er kommt zu Fall, stößt gegen Anton, der fällt und das genau auf seine Laterne.
So viel Pech kann man doch gar nicht haben denken wir. Armer Anton!
Der Vater nimmt Anton auf den Arm und setzt sich mit ihm auf eine nahe gelegene Bank. Der Martinsumzug läuft an ihnen vorbei. Antons Vater mustert etwas ungehalten den alten Mann, der ebenfalls auf der Bank sitzt. Was er über den alten Mann mit der Dose in der Hand und dem Rucksack neben ihm denkt wissen unsere Lesekinder sofort. Doch was dann geschieht ist einfach nur wunder, wunderschön.
Der alte Mann bastelt aus der Dose die weltschönste Laterne für Anton.
Wisst ihr wie der Mann heißt?
Mit Sicherheit!
Richtig, Martin!
Es ist eine so wundervolle, so emotionale und einfühlsame Geschichte, die einfach zu Herzen geht.
Sie ist so liebevoll und authentisch erzählt, das es im Grunde keiner Bilder bedarf. Das ist selten bei Bilderbuchgeschichten, die oftmals nur über ihre Illustrationen zu leben beginnen. Aber auch hier haben wir natürlich Bilder. Die Verbindung von Illustration und erzählender Geschichte ist absolut perfekt gelungen. Die Bilder visualisieren nicht nur das Geschehen und erzählen kleine Geschichten am Rande sondern vermitteln ein sehr starkes Gefühl für die jeweiligen, sehr emotionalen Situationen und Stimmungen. Das wunderbare Spiel aus Licht und Schatten genauso wie die Mimik und Gestik der Figuren sind einfach perfekt.
Mit Sicherheit wird dieses Bilderbuch immer und immer wieder vorgelesen und von den Kindern angeschaut.
Was ich so toll finde ist, die Verbindung der Erfahrungswelt "Alltag vieler Kinder"- mit ihren gestressten Eltern und dem St. Martins Gedanken, der St. Martins Botschaft, des Teilens. Gleichzeitig werden hier aber auch die Themen Obdachlosigkeit/ Vorurteile angerissen. Ob der alte Mann wirklich ein Obdachloser ist bleibt dahin gestellt dennoch erfahren wir von der Reaktion des Vaters, der davon ausgeht und sich dementsprechend abweisend gegenüber dem Mann verhält. Auch dieser Aspekt wird hier sehr feinfühlig behandelt.
Was mir beim Vorlesen wieder einmal aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass die Kinder mit unheimlich viel Interesse bei der Sache waren und schon während der Lesung sehr differenziert die Situationen kommentierten.
Wenn sich Kinder, kleine Kinder im Alter zwischen 3 und 6 Jahren so intensiv mit einer Geschichte auseinandersetzten ist das für mich immer der beste Indikator für ein wirklich tolles Buch. Wenn Bücher von ganz allein, ohne Anstoß eines Erwachsenen zu Kommentaren und Gesprächen anregen ist es ein Buch, das nicht nur in Erinnerung bleibt sondern auch immer wieder gelesen wird.
Daher ein ganz großer Dank an Johanna Lindemann für diese wundervolle Geschichte und ein bebensolcher Dank an Stephan Pricken für die fantastische Visualisierung.
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