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Darja und der Puppendoktor

 

Bildquelle Edition Pastorplatz
Darja und der Puppendoktor
von Rolf Barth
illustriert von Mele Brink
34 Seiten
1. Aufl. 01. August 2023
ISBN 978-3-943833-63-8
Edition Pastorplatz
18,00€

Auf euch wartet eine unglaublich schöne und vielschichtige, fantasievolle und doch so reale Geschichte, inspiriert von einer wahren Begebenheit, die der Schriftsteller Franz Kafka im Herbst 1923 erlebte und gestaltete
für Kinder ab 5 Jahren
Vorab
Zum 100. Todestag von Franz Kafka († 03. Juni 1924) haben sich Rolf Bath & Mele Brink einer vielleicht einigen bekannten Geschichtensplitter angenommen, der inspiriert von einer wahren Begegnung war, die Franz Kafka im Herbst 1923 erlebte.
Die Grundzüge der eigentlichen Geschichte und wie sie sich zugetragen hat kennen wir nur durch die Schilderungen von Franz Kafkas Lebensgefährtin Dora Diamant, die sie Jahre nach Kafkas Tod der Biographin Marthe Robert erzählte.
Danach begegneten Franz Kafka und Dora Diamant im Herbst 1923 einem kleinen weinenden Mädchen, dass seine Puppe verloren hatte.
Kafka tat die Kleine leid. Er nahm sich ihr an, erzählte ihr, dass die Puppe auf Reisen gegangen ist, ihn aber gebeten hatte ihr einen Brief zu überbringen. Am nächsten Tag trafen sich Kafka und das Mädchen und so bekam die Kleine den ersten Brief von ihrer Puppe, in der sie sich für die überstürzte Abreise entschuldigte und einiges erklärte.
Kafka war zu dieser Zeit schon schwer krank, dass er überhaupt noch die Kraft hatte sich so dem Mädchen zu widmen und Briefe zu schreiben, war schon fast ein kleines Wunder.
In einem Zeitraum von etwa 3 Wochen brachte Franz Kafka dem Mädchen täglich einen Brief ihrer Puppe, in denen sie von all den Abenteuern, die sie erlebte, berichtete. Das Mädchen wiederum teilte die Berichterstattung ihrer Puppe mit Kafka und so entstand eine besondere Freundschaft. Irgendwann einmal überbrachte auch Dora Diamant einen Brief, da der Schriftsteller auf Grund seiner Krankheit selbst nicht raus konnte.
Kafka erkannte, dass es mit ihm zu Ende ging und er den Briefwechsel, der für die Kleine unglaublich tröstend war, nicht weiterführen konnte.
Wie die wahre Geschichte endete und ob sie sich wirklich zugetragen hat, ist nicht sicher, jedoch ist das Grundgerüst so wunderbar, dass es seither zu zahlreichen Geschichten über und um die Geschichte inspirierte.
Im Laufe der Jahre wurde auch immer mal wieder versucht, das Mädchen ausfindig zu machen, um über sie vielleicht an die Briefe zu kommen, und mehr über sie und Kafka zu erfahren, doch alle Versuche scheiterten.
Es gibt Versionen, in denen erzählt wird, dass Franz Kafka dem Mädchen zum Ende hin eine neue Puppe kaufte, und sie dem Mädchen zusammen mit einem erklärenden Brief, der reisenden Puppe überreichte.
Es gibt aber auch die Version, dass sich die Puppe in einem letzten Brief verabschiedete, weil sie weiterreisen wollte und es dort schwierig war Post zu versenden. Es gibt ebenfalls eine Version, in der die Puppe dem Mädchen mitteilte, dass sie heiraten würde...
Wir werden wohl nie erfahren, was sich wirklich zutrug.
So sind die wahre Begebenheit und Begegnung, von der Dora Diamant rückblickend berichtete der Rahmen für zahlreiche Geschichten geworden.
Zu der nun auch die Geschichte von Rolf Barth
 „Darja und der Puppendoktor" gehört.
Anders als die meisten Geschichten über Franz Kafka und das Mädchen mit der verlorenen Puppe, weicht Rolf Bath jedoch sehr stark von der von Dora Diamant erzählten Geschichte ab, was mir persönlich unglaublich gut gefällt. Rolf Barth greift lediglich das Thema verlorene Puppe und die Briefe, die die Puppe an das Mädchen schreibt, auf, und erzählt um diese beiden Geschichtensplitter herum seine ganz wundervolle Geschichte, die anders, aber ebenfalls zeitlos schön ist.
In ihr verbindet sich aktuelles Zeitgeschehen in dem Krieg und Flucht zum Alltag gehören vieler gehören, mit einer früheren Zeit, in der Hunger und Not ebenfalls Grund zur Flucht aus der Heimat war. Wobei letzteres nur eine winzige, aber nicht unwesentlichen Rolle spielt.
Rolf Barth erzählt nicht von Franz Kafka bei ihm ist der Protagonist und heimliche Briefeschreiber der Puppendoktor, Hannes Altmann, der seine Mittagspause meist auf einer Bank im Park verbringt. Ihm zur Seite gesellt sich das Mädchen Darja, die vor nicht allzu langer Zeit mit ihrer Familie aus ihrer Heimat, in der Krieg herrscht, geflohen ist. Nun wohnt die Familie in einer kleinen Wohnung, die Darja einengt. Deshalb geht sie oft in den Kafkapark, der sie ein wenig an ihre Heimat erinnert.
Einfühlsam und feinfühlig, aber auch mit einer schönen, stimmungsvoll beschreibenden Leichtigkeit erzählt Rolf Barth erst einmal von beiden Figuren, die wir so ein wenig näher kennenlernen dürfen. So erleben wir dann auch wie sich die beiden einander annähern.
Darja beobachtete den Mann auf der Bank schon eine Weile, er erinnerte sie an ihren geliebten Großvater, der noch in der alten Heimat lebt. Als eine Krähe dem Puppendoktor das Marmeladenbrot aus der Hand stibitzt bietet sie dem Mann den Rest ihres Pausenbrotes an, so kommen die beiden ins Gespräch. Dem Puppendoktor fällt ein kleiner Schuh auf, den Darja um den Hals trägt. Er fragt nach und erfährt, dass Darja ihre geliebte Puppe auf der Flucht verloren hat. Einzig der Schuh ist ihr geblieben. Darja vermisst ihre Alla sehr. Hannes Altmann möchte von Darja wissen, wie Alla aussieht. Hierzu lässt er die Kleine ihre Puppe nicht nur beschreiben, sondern auch malen. Es ist so unglaublich schön zu erleben, wie Mele Brink diesen Teil der Geschichte in einem lebendigen, warmen Bild einfängt. Von da an rückt die Handlung mit jedem Bild und jedem weiteren Geschichtensplitter näher an den Leser heran. Auch wenn es noch mehr in Mele Brinks ausdrucksvollen Bildern zu entdecken gibt, fokussiert man sich beim ersten Lesen auf Darja und Herrn Altmann. Bei späteren Betrachtungen wird dann mindestens ein weiteres Wesen die Aufmerksamkeit der Leser bekommen, doch wer das ist, verrate ich noch nicht.

Nachdem sich der Puppendoktor über Darjas Beschreibung der Puppe ein Bild machen konnte, erklärt er dem Mädchen, dass er die Puppe kenne.
Darja kann es kaum glauben, möchte wissen, wo sie ist, und da erzählt Herr Altmann ihr, dass die Puppe am Tag zuvor in seiner Werkstatt war und ihn bat Darja eine Nachricht zu übermitteln, falls er sie träfe.
So bindet Rolf Barth nun Kafkas Geschichtensplitter, um die Briefe der reisenden Puppe in seine Geschichte ein.
Fortan treffen sich Darja und Hannes Altmann immer mittags, nach der Schule im Park. Anders als in den anderen Geschichten um Kafka, das Mädchen und die Puppe hat Rolf Barth den Fokus seiner Geschichte allerdings auf Darja gelegt, die ihren Opa und die Heimat vermisst. In Hannes Altmann findet Darja einen großväterlichen Freund, mit dem sie viel Spaß hat. Die Lebensfreude, die beide entwickeln springt durch Mele Brinks wundervolle Illustrationen sofort auf den Leser über. Die täglichen Briefe, die der Puppendoktor Darja mitbringt, werden hier nicht großartig thematisiert. Es gibt den Briefaustausch, aber die Treffen und die gemeinsame Zeit, die Darja und Hannes Altmann miteinander verbringen ist hier mehr Thema.
Durch die Freundschaft zum Puppendoktor vergisst Darja ihre Traurigkeit und auch etwas ihr Heimweh. Wieso die beiden sich so gut verstehen, wird klar, als Herrm Altmann ein altes Foto aus der Tasche fällt. Nun erfährt das Mädchen, dass auch ihr großväterliche Freund einst als Kind mit seinen Eltern fliehen mussten. Hannes Altmann wusste also nur zu gut, wie Darja sich fühlte.
Doch auch diese Geschichte braucht ein Ende. Wie genau Rolf Barth seine Geschichte enden lässt verrate ich noch nicht. Es wird herzenswarm und ein wenig magisch. Unter anderem schreibt Herr Altmann seiner kleinen Freundin einen Abschiedsbrief, den Darja zusammen mit....... findet.
Nein, mehr erfahrt ihr nicht. Aber keine Sorge, es wird nicht sehr traurig, sondern ehr hoffnungsvoll.
Und dank Mele Brinks wundervolle Zeichnungen und einigen heimlichen, stillen Begleitern, ist alles sehr leicht und voller spürbar Herzenswärme, die auch in sentimentalen Momenten, die Stimmung des Lesers hoffnungsvoll trägt.
Unabhängig und völlig losgelöst von Franz Kafkas Begegnung, die Rolf Barth zu dieser wundervollen Geschichte inspirierte hat ist seine von Darja und dem Puppendoktor einfach wunder-, wunderschön und wesentlich vielschichtiger, lebendiger, und intensiver.
Darjas Geschichte mit Krieg, Flucht, engen Wohnverhältnissen, in einer Umgebung, die so anders ist wie in ihrer Heimat, das Vermissen des Großvaters und der Verlust ihre Puppe sind Dinge, die leider viele Kinder, die zu uns geflüchtet sind, kennen. Für sie ist es bestimmt schön ist es schön etwas zu erleben, das Teil ihrer eigenen Geschichte, und ihrer eigenen Gefühle ist. Darja ist in diesem Fall eine Identifikationsfigur, die ganz eng an ihrem Leben ist.
Doch auch für alle anderen Kinder ohne Flucht- Erfahrung ist Darjas Geschichte ein absolutes Geschenk. Die Freundschaft der beiden zu erleben ist einfach herzerwärmend. Puppendoktor Hannes Altmann, der Darja an ihren Opa erinnert, der sich Zeit für sie nimmt und der ähnliches erlebt hat lässt Darja richtig aufblühen. Er tut ihr gut. Aber auch sie tut Hannes Altmann gut. Es ist unglaublich berührend und schön diese besondere Freundschaft beobachten zu dürfen.
Die Mimik und Gestik de Figuren ist so charaktervoll, warmherzig, ausdrucksstark, einfach wundervoll

Bei allem Leid, aller Tragik steckt in der Geschichte auch sehr viel Zuversicht, so viel kindliche Freude, so viel Fantasie und Empathie, dass es großen Spaß macht der Handlung zu folgen. Rolf Barth findet genau den richtigen Erzählton, der in jeder Hinsicht mit Darja mitfühlen lässt. Sehr beeindruckend und keinesfalls selbstverständlich ist auch die Verbindung der Bilder zur erzählenden Geschichte. Die Informationen aus beiden Teilen verschmelzen so schön zu einem Ganzen, so dass wir einen wundervoll fließenden Handlungsverlauf haben, in dem aber auch noch Raum für eigene Interpretationen und kleine Geschichten ist. Gerade, wenn die Kinder die Geschichte schon einmal vorgelesen bekommen haben und sich dann selbstständig in die Bilderwelt begeben werden sie noch ganz viel entdecken, was ihnen Freude schenkt, wovon sie fasziniert und begeistert sind und dass sie sicherlich oft zum Schmunzeln bringen wird.
Besonders die Eichhörnchen, die Vögel aber auch zwei Gärtner bekommen dann vom Betrachter mehr Aufmerksamkeit und laden ein ihre Geschichten zu entdecken und zu erzählen.
Ich hoffe ich konnte euch mit dieser kurzen Schilderung vermitteln, wie schön und wertvoll dieses Bilderbuch ist und wie viel Potential es hat weitaus mehr zu entdecken und erzählen als das, was Rolf Barth sich für seine Leser ausgedacht hat.
Geschichten, die Raum für eigene Fantasie und eigene Geschichten lassen, sind doch einfach die Schönsten, oder?
Rolf Barth lässt Darja und ihre Familie zum Ende der Geschichte zurück in ihre Heimat und zurück zum Großvater ziehen.
Sicherlich vermissen viele Kinder, die allein oder mit ihren Familien zu uns geflohen sind, genau wie Darja ihre Heimat, ihre Freunde, Verwandten, und ihre gewohnte Umgebung. Vielleicht können sie durch Darjas Geschichte ja auch ein wenig Hoffnung schöpfen. Vielleicht ist Darjas Geschichte ja ein kleines hoffnungsvolles Himmelszwinkern, das gerade einfach guttut.
Dieses Buch ist bei uns ein absolutes Lieblingsbuch!
Ein Buch, dass nirgends fehlen sollte.
Ein Buch, dass von Generation zu Generation weitergegeben werden kann, weil es absolut zeitlos schön ist.
Wir sind soooo verliebt in dieses Buch.

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