Bildquelle: Baumhaus Verlag
Der kleine Drache,
der kein Feuer spucken konnte
von Gemma Merino
32 Seiten
1. Aufl. 07.September 2021
ISBN: 978-3-8339-0672-5
Baumhaus Verlag
14,90€
Eine berührende, sehr wertvolle,
wunderschöne Geschichte über
Selbstzweifel, Ich-Findung und
bedingungslose (Eltern)Liebe
für Kinder ab 3 Jahren
Klein sein und groß werden, das ist nicht leicht. Erst recht nicht wenn man, wie das kleine "Drachen"Mädchen in dieser Geschichte, seinen Papa stolz machen möchte. Die Kleine liebt ihren Papa sehr. Umso mehr schmerzt es sie, das sie mit den anderen Drachenkindern nicht mit halten kann. Zu gern würde sie alles können, was die anderen können. Sie wollte, dass ihr Vater stolz auf sie ist. Stolz auf das was sie kann. Doch so sehr sie sich auch bemühte, es gelingt ihr nicht Feuer zu spucken oder zu fliegen. Statt einem großen Feuerstrahl kam bei ihr nur ein Pfeifen heraus und fliegen konnte sie nicht weil ihr die Flügel fehlten.
Wieso nur sind ihr noch keine Flügel gewachsen? dachte sie. Während ihr Vater alle Drachenkinder in die Welt des Drachenlebens einführte, mit ihnen über das Wasser flog um sie davor zu warnen, weil es nicht nur eisig kalt war sondern auch das Feuer löschte, gab es für das kleine Drachenmädchen nur ein Thema.
Wieso bin ich anders als die anderen? Wieso kann ich nicht das was die anderen können. Was ist falsch an mir? In ihrer Traurigkeit wurde sie sehr kreativ, baute sich Flügel und startete Flugversuche. Was erst einmal als eine gute Idee erschien und auch mäßig gelang, war am Ende zum Scheitern verurteilt, denn das was die anderen konnten, konnte sie mit ihren selbstgebauten Flügeln nicht. Sie ließ sich sogar mit einen Kanone in den Himmel schießen in der Hoffnung fliegen zu können. Tatsächlich gelang ihr ein Looping, doch am Ende landete sie ausgerechnet dort, wo Drachen niemals landen sollten, im Wasser. Doch dabei stellte sie etwas erstaunliches fest, Wasser war genau ihre Welt. Es war weder kalt noch irgendwie unangenehm. Das erste Mal fühlte sie sich wohl und fand sogar jemanden, der genauso aussah wie sie. Mehr noch sie fand einen Spielkameraden.
Als der Vater kam um sie aus dem Wasser zu ziehen, erschrak sie. Es war ihr sehr unangenehm. Sie dachte sie hätte ihren Vater wieder einmal enttäuscht. Als der sie in den Arm nahm und sie sich traute ihn zu fragen, was denn falsch an ihr sei bekam sie eine erstaunliche Antwort, die ihr ganzes Leben verändern soll, denn der Vater erklärt ihr nicht nur, dass nichts an ihr falsch ist, das sie gut ist wie sie ist sondern auch, das es kein Wunder ist, das sie nicht fliegen kann, denn sie ist gar kein Drachenmädchen sondern ein Krokodil. Sein Krokodilmädchen.
"Du bist mein wundervolle Krokodiltochter, und ich liebe dich, so wie du bist".(Zitat aus dem Buch)
Normalerweise erzähle ich von einem Buch, ohne das Ende zu verraten, doch dieses Mal breche ich mit dem Vorsatz, denn das was wir zum Ende erfahren ist eine wichtige Botschaft, die emotional berührt und zum Nachdenken anregt.
Gemma Merinos einfühlsame, emotionale Geschichte greift ein sehr wichtiges Thema auf. Kinder möchten ihren Eltern gefallen, möchte sie nicht enttäuschen und ihre Anerkennung. Sie möchten, das die Eltern stolz auf sie sind. Dabei wissen sie noch nicht, dass sie mit dieser Zielsetzung, die auch ziemlich anstrengend sein kann, oft scheitern werden. Eltern sollten ihren Kindern zu jeder Zeit vermitteln, das sie gut sind so wie sie sind. Das sie so geliebt werden wie sie sind und keine Erwartungshaltung erfüllen müssen. Das jeder anders ist und jeder etwas besonders gut kann, dass es aber auch Zeit und Ausprobieren bedarf zum herauszufinden was einem gefällt und was man gut kann. Leider erlebt man in Kita, Grundschule und diversen Freizeiteinrichtungen anderes. Eltern, die von ihren Kindern extrem viel erwarten. Eltern, die ihre Kinder von einer Aktivität zur nächsten kutschieren, den Terminplan so füllen, dass sie kaum eigene Zeit haben. Klar, dass sich die Kinder dann unter Druck gesetzt fühlen und sich mehr als einmal selbst in Frage stellen.
Schön, dass es Geschichten wie diese gibt, die Kindern zeigen, dass es auch anders geht. Geschichten, die aufzeigen, dass es eine bedingungslose (Eltern)Liebe gibt und das man gut so ist, wie man ist.
Es ist eine Familiengeschichte, die nicht nur eine Botschaft an die Kinder hat, sondern bestimmt auch den ein oder anderen Elternteil nachdenken lässt.
Wie heißt es so schön "....gebt den Kindern Flügel...." genau das hat der Drachenvater gemacht.
Bei einer Vorlesestunde fragte ein Kind: "Ob der Vater traurig war als er festgestellt hat, dass das Drachenmädchen wegen ihm traurig war? Er wollte doch gar nicht das sie besonders gut ist. Er hat sie doch so lieb, wie sie ist?" Eine gute Frage, wie ich finde. Genau das ist es aber was deutlich macht, dass Kinder oft falsche Vorstellungen von "Liebhaben" haben. In der Gruppe überlegten wir, ob der Vater etwas hätte anders machen können. Grundlage waren zwei Annahmen. 1. der Vater liebt alle seine Kinder gleich und macht sich gar keine Gedanken darüber, dass Kinder alles tun um den Papa glücklich zu machen, damit er stolz auf sie ist, 2. der Vater forderte doch viel von seinen Kindern und ändert seine Meinung mit der Zeit, weil er bemerkt, das Liebe wichtiger ist als Leistung. Was hätte der Vater nun anders machen können? Die Kinder sind sich einig, es ist ein toller Papa, dem gar nicht bewusst war, das das kleine Drachenmädchen meinte ihn stolz machen zu müssen. Er hätte ihr vielleicht öfter zwischendurch sagen sollen, dass es nicht schlimm ist wenn sie etwas nicht kann. Der Satz
"Du bist mein wundervolle (Krokodil)Tochter, und ich liebe dich, so wie du bist", hätte er ehr und öfter sagen können. Und wenn er gewusst hat, das sie kein Drache sondern ein Krokodil ist hätte er es auch direkt sagen sollen. Ob er es wirklich wusste, oder es ihm erst klar wurde, als er sie aus dem Wasser gezogen hat, das ist eine Frage, die sowohl in der erzählenden Geschichte als auch in den wundervollen Illustrationen, unbeantwortet bleibt, wohingegen die Bemühungen des "Drachen"Mädchen, die Sorge des Vaters um die Kinder und die Liebe zu seiner Krokodiltochter in den Bildern nicht nur fantastisch visualisiert wurden, sondern die Geschichte auch lebendig und nachempfindbar macht. Zudem sind die Zeichnungen mit ihrer Dynamik und ausdrucksstarken Mimik und Gestik, bei aller Tragik auch sehr witzig. Freund und Leid liegen hier eng beieinander, das spüren die Kinder und löst in ihnen Emotionen aus, die auch Erwachsene spüren.
Und so haben wir hier eine wundervolle, sehr wichtige Geschichte mit zauberhaften Illustrationen, die berührt, schmunzeln lässt und zum Nachdenken anregt.
Hier noch ein kleiner Blick ins Buch ( Bildquelle: Baumhaus Verlag)