Unsere Lieblingsbücher

Das blaue Herz von Finn

Bildquelle: Kunstanstifter Verlag
Das blaue Herz von Finn
eine Geschichte von Thomas J. Hauck
mit Illustrationen von Katharina Sieg
36 Seiten
1. Aufl. Frühjahr 2019
ISBN: 978-3-942795-79-1
Kunstanstifter Verlag
20,00€

Eine wundervolle Freundschaftsgeschichte, die zeigt, dass Kinder oft viel unbefangener sind als Erwachsene
Thema Anderssein / Behinderung
für Kinder ab 4 Jahren
In diesem wirklich wundervollen Buch lässt der Autor Thomas J. Hauck seine Protagonistin Lena ihre Geschichte über ihre Freundschaft zu dem etwas anderen Jungen Finn, selbst erzählen. Eine Geschichte, die berührt, bewegt, schmunzeln und nachdenken lässt. Keine Sorge es ist, wenn auch anrührend, nie traurig sondern sehr lustig denn nicht nur die  Handlung sondern vor allem Lenas sehr besondere Erzählweise, teilweise mit verstärkenden Wiederholungen  sind einfach herrlich. Zugegeben die Erzählsprache ist gewöhnungsbedürftig aber keinesfalls im negativen Sinne. Für Erwachsene ist es vielleicht etwas ungewöhnlich aber unsere Lesekinder fanden genau das so schön und auch lustig. Die kindliche Naivität und Unbefangenheit gepaart mit viel Klugheit kommt hierbei wunderbar heraus.
So heißt es gleich zu Beginn:
"......er ist auf jeden Fall größer als ich, vielleicht einen Kopf größer, vielleicht auch einen Kopf plus einen Apfel drauf größer.
Und er heißt Finn. Das weiß ich. Dass er Finn heißt...……".
Lena erzählt von sich, ihrer Familie und Finn, ihrem ganz besonderen Freund. Finn ist anders als die anderen Kinder. Er wohnt mit einigen anderen Kindern, die auch alle auf ihre Weise anders sind in einem Haus neben Lenas Familie.
Der eine sitzt im Rollstuhl, der andere trägt immer eine Art Helm und alle reden anders. Einige "brummen" andere "schreien komisch" Lenas Mama sagt die Kinder seinen krank aber Lena kann dieser Aussage nichts abgewinnen. Für sie sind die anderen zwar besonders aber im positiven Sinn denn sie Lachen viel und wer viel lacht ist bestimmt nicht krank.
Eines Tages steht Finn am Zaun und winkt Lena zu. Er sagt auch etwas, aber das versteht Lena auf die Entfernung nicht. Sie winkt freundlich zurück. Das ist der Beginn einer besonderen Freundschaft. Finn steht nun oft am Zaun und winkt Lena zu. Eines Tages als sie singend von der Schule nach Hause läuft begegnet sie Finn, der wieder lacht und sie etas fragt, doch wieder versteht sie ihn nicht. Doch Finn reagiert, spricht langsam und fragt sie wie sie heißt. Danach nennt er seinen Namen, immer und immer wieder und zeigt auf das Haus in dem er wohnt. Lena findet das komisch. Komisch im Sinn von ungewohnt und etwas lustig aber keinesfalls negativ. Trotzdem beschäftigt es sie, wieso Finn so ist wie er ist. Sie fragt ihre Mutter und die erzählt ihr etwas von Finns Behinderung aber das versteht Lena gar nicht richtig.  In der Nacht im Bett muss sie viel an Finn denken. Vielleicht ist er ja gar nicht komisch sondern sie. Sicher denkt Finn das sie komisch ist.
Von da an freut sich Lena über jedes Treffen mit Finn. Er mag es wenn sie für ihn singt und sie mag es wenn er lacht und sich freut. Sie spielen miteinander haben viel Spaß miteinander. Finns unbeschwerte lustige Art beflügelt Lena und macht sie sehr glücklich. Wie glücklich, das erlebt man nicht nur in ihrer Erzählung sondern auch in den wundervollen Illustrationen von Katharina Sieg, der es unglaublich gut gelingt Gefühle zu visualisieren.  Unsere Lesekinder, aber auch wir Erwachsenen fühlten förmlich mit den beiden mit. "Gefühle verleihen Flügel" sagt man  und genau das erleben wir hier.

Eines Tages bittet Finn Lena bei ihm zu übernachten und für sie zu singen. Er möchte so gern mit ihrem Gesang einschlafen, doch Lena muss ihn enttäuschen, sie kann unmöglich bei Finn übernachten. Das macht Finn sehr traurig und so anders wie Finn ist reagiert er hier auch anders wie andere. Er drückt seine Traurigkeit mit Wut aus, wird "traurig böse" wie Lena sagt und läuft dann enttäuscht weg. Lena ist traurig. Hätte sie anders reagieren sollen. Ihre Mutter versucht sie zu trösten, schlägt vor ihm am nächsten Tag eine Dampfnudel mitzubringen. Doch als Lena Finn am anderen Morgen die Dampfnudel anbietet lehnt er ab. r möchte das Lena für ihr Abends singt. Das Finn die Dampfnudel ablehnt macht wiederum Lena traurig und auch ein wenig wütend. Von da an herrscht Funkstille zwischen de beiden. Wenn auch nicht ganz. Lena ist traurig, singt von ihrem Zimmer aus bei offenem Fenster in der Hoffnung Finn hört es und ist wieder gut mit ihr. Sie möchte nicht das Finn traurig ist. Selbst zum abend singt sie für ihn.
In der Nacht hat sie dann einen schönen Traum, der sie nach dem Aufstehen zu einer genialen Idee inspiriert. 
Sie baut ein Telefon von ihrem Zimmer zu Finns Zimmer. So kann sie Finn in den Schlaf singen.
Wie Finn darauf reagiert, das verrate ich hier noch nicht, das müsst ihr selbst erleben.
Thomas J. Haucks Geschichte zeigt wie unbefangen Kinder auf andere zugehen, ganz egal wie anders sie sind. Sicherlich ist das nicht die Regel ist aber häufig festzustellen wenn ein Kind auf ein anders trifft vorausgesetzt es ist niemand da, der die Kontaktaufnahme stört. Stören können z.B. andere Freunde, die nicht verstehen, das man mit "so einem" redet aber auch Erwachsene, denen der Kontakt zu Behinderten vielfach unangenehm ist. Beides ist dumm und daher ist dieses Buch auch so wichtig. In gemeinsamen Leserunden mit Kindergartenkindern habe ich oft erlebt wie toll die Kinder das Buch fanden und Finn gleich in ihr Herz geschlossen haben. Gleichzeitig konnte man bei genauer Beobachtung ein leichtes Befremden in den Augen und der Körperhaltung einiger Erwachsener beobachten.
Eine Mutter fragte mich nach der Vorlesestunde ob ich nicht vorher hätte ankündigen können das es eine Geschichte mit einem behinderten Kind ist. Als ich sie fragte wieso ich das hätte tun sollen war es erst lange still und dann sagte sie: "….wenn ich das gewusst hätte wären wir nicht gekommen." Den letzten Teil des Satzes hörte die Tochter, die völlig perplex sagte:" wieso wären wir nicht gekommen, die Geschichte war sooooo schön!" Die Reaktion der Tochter war der Mutter sichtlich unangenehm. Ich überlegte ich überlegte ob ich das Gespräch weiter führen sollte entschied mich aber dafür zum Bastelprogramm überzuleiten.
Manchmal ist nicht reden einfach besser.
Im Anschluss an die Vorlesestunde haben wir Dosentelefone gebastelt und alle hatten viel Spaß!


Die Lesekinder einer anderen Vorlesestunden erzählten mir von ihren besonderen Freunden, es waren erstaunlich viele die "besondere" Freunde hatten.
Auf Grund meiner Erfahrungen mit Lesestunden zu Themen in denen es um Behinderung und Anderssein ging musste ich immer wieder feststellen, dass die Kinder alle begeistert von den Geschichten waren und auf kaum Berührungsängste oder Vorurteile hatten sondern wenn dann waren es die Erwachsenen, denen die Auseinandersetzung mit den Thema unangenehm war. Daher sind alle Bücher wie dieses besonders wichtig für alle. Für Erwachsene damit sie lernen ihre Befangenheit abzulegen und für Kinder damit sie erleben, dass es ganz normal ist auch mit scheinbar etwas anderen  befreundet zu sein. Wie sagte Lena in dieser Geschichte :" vielleicht ist ja nicht Finn komisch sondern ich...." 
Ich würde mir wünschen, das dieses wundervolle Buch mit seiner tollen Geschichte und so unglaublich schönen Bildern in jeder Einrichtung mit Kindern zu finden ist, denn es wird viele Erwachsene geben, die vielleicht lieber zu einer netten Tiergeschichte greifen als zu diesem Buch, das unsere Leserherzen im Sturm erobert hat.