Unsere Lieblingsbücher

Bären beobachten

Bildquelle: Gerstenberg Verlag
Bären beobachten
von Michelle Robinson
Illustriert von David Roberts
übersetzt von Uwe-Michael Gutzschhahn
32 Seiten
1. Aufl. 2016
Gerstenberg Verlag
ISBN 978-3-8369-5894-3
12,95€


Ein nicht so ganz erst zu nehmender Ratgeber
für Kinder ab 3,5 Jahren


Wie unterscheiden sich Ratgeber von Kindern und Erwachsenen?
Die der Kinder sind wesentlich phantasievoller und praktischer, als die der Großen.
Nicht viel anders ist es wenn ein Kind gebliebener Erwachsener einen Ratgeber aus der Perspektive eines kleinen Protagonisten schreibt so wie es Michelle Robinson hier tut. Wenn  dann auch noch der Illustrator in die Welt der Phantasie eintaucht kommt ein so wunderbares Buch wie dieses heraus.
Freilich, es ist nicht ganz so erst zu nehmen aber genau das macht den Unterhaltungswert der Geschichte aus.
Da zieht unser kleiner Protagonist gut ausgerüstet, mit allem was man so braucht, auf Bärenexpedition. Immer dabei sein Ratgeber in Form eines Notizbuches, dass wissenswertes über Bären beinhaltet und ein unsichtbarer Begleiter, der nicht nur uns durch die Geschichte führt sondern in erster Linie unserem Protagonisten.
Unserem Abenteurer diesen,nicht so sehenden,  Beobachter und Begleiter zur Seite zu stellen ist ein ungewöhnlicher Erzählstil, der unsere Lesekinder sehr angesprochen hat, denn schnell rutschten sie selbst in die Rolle eines Begleiters und Kommentators. Holten sich Informationen aus den Bildern und redeten mit dem Abenteurer.
Auf Bärenexpedition zu gehen ist nicht ganz ungefährlich, denn es gibt unterschiedliche Bären im Bärenland.  Verhaltensmaßregeln die man bei der Begegnung mit einem Schwarzbären beherzigen sollten gelten z.B. für Braunbären überhaupt nicht.
Während der Begleiter in einem Moment noch der Meinung ist, das unser kleiner Protagonist wohl gar keinen Bären zu Gesicht bekommen wird sehen wir wie ein Schwarzbär sich ihm nähert. Daraufhin kommentiert er :"Oh, du Glückspilz!.....Ich glaube es ist ein schwarzer..."
Was macht man wenn man einem Bären begegnet? Unser kleiner Mann klettert auf den nächsten Baum, doch er hat seinen Ratgeber wohl nicht richtig studiert, der Bär klettert auch hoch und wieder runter. 
Unser Kommentator rät zurück zu weichen. Ganz laaaangggsaaaam rückwärts. Doch was ist das? plötzlich stößt er gegen einen Braunbären.
Bei Braunbären hilft sich tot stellen. doch für den Schwarzbären, der immer noch in der Nähe ist bedeutet es die Einladung zum Essen. Was für eine Zwickmühle in der unser kleiner Abenteurer nun steckt.
Im Ratgeber steht man sollte das Pfefferspray benutzen. Ob das wirklich eine gute Idee ist? Unser unsichtbarer Begleiter fragt nach Haferbrei, den hat er jedoch nicht dabei doch eine Packung  Kaugummi.
Während der Begleiterbesserwisser noch überlegt was der Junge mit dem Kaugummi vorhat, hat der schon eine rieeesengroße Blase gepustet in der sich die beiden Bären verkleben, die Kaugummiblase platzt und klebt an den Bären. Jetzt wäre Zeit und Gelegenheit wegzulaufen doch zu spät. Was hält der Rucksack noch für "Waffen" bereit? Nichts, was wirklich helfen könnte dieser misslichen, gefährlichen Lage zu entkommen. Der kleine klammert sich ängstlich an seinen Kuschelteddy, der ist nicht gefährlich.
Doch was ist das, die Bären sind auf einmal ganz friedlich, nehmen den Teddy als wäre es ihr Kind. Einträchtig und sanft spielen sie nun Vater-Mutter-Kind. Das ist die Gelegenheit zu entkommen. Die Bären sind abgelenkt und beschäftigt.
Wir sehen wie sich unser kleiner Abenteurer aus dem Staub macht.
Ein gutes , witziges Ende.
Wäre da nicht noch die letzte Seite im Buch.
Wir sehen all die Sachen, die der Kleine mit hatte auf dem Boden liegen. Durcheinander, verwühlt, angeknabbert. Eichhörnchen stöbern darin. Eines macht sogar eine Kaugummiblase.
Doch wo ist der Junge?
Hat er auf der Flucht all seine Sachen verloren?
"Sag ja nicht, ich hätte dich nicht gewarnt"
kommentiert der Besserwisserbegleiter noch.
Was er wohl damit meint?
*
Ein offenes Ende, das Kinder je nach Alter und Auffassungsgabe anders interpretieren. Es liegt dabei auch an uns Erwachsenen wie wir die letzte Seite den Kindern vorstellen. Bei den kleineren haben wir es so gehalten, dass wir die Kinder fragten :" Was meint ihr, wieso liegen die Sachen da? Einheitlich sagten die Kinder, dass der Junge beim Weglaufen die Sachen verloren hat bzw. sie weggeworfen hat um schneller / besser weglaufen zu können.
Die 6 jährigen hingegen kamen dann zu dem Schluss, dass er entweder alles weggeworfen hat oder die Bären ihn dann doch noch vielleicht erwischt haben.
Oder das noch andere Bären gekommen sind, die ihn dann gefressen haben.
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Das Buch ist witzig und originell, sowohl im Erzählstil, als auch in den Illustrationen und bietet viel Raum für eigene Interpretationen.
Das ideale Buch um mit Kindern ins Gespräch zu kommen, sie eigene Ideen und Eindrücke formulieren zu lassen.
Gleichzeitig kann es in der Grundschule wunderbar eingesetzt werden um ein eigenes Ende der Geschichte zu finden / schreiben.
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Unsere Jungen-Lesekinder waren erstaunlich redselig als es darum ging zu beschreiben, was ihnen an dem Buch besonders gut gefallen hat.
Während die Mädchen ehr zurückhaltend reagierten überhäuften uns die Jungen mit Details. Erstaunlicherweise legten sie viel Augenmerk auf den Illustrationsstil, der eine Mischung aus Illustration des Geschehens und den skizzenhaften Eintragungen im Notizbuch kombiniert. Lustig fanden sie den unsichtbaren Besserwisser, der mit seinen Kommentaren und guten Ratschlägen auf wenig Gehör bei dem Jungen traf.
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Alles in allem ein sehr witzige, originelles Bilderbuch. Ein Ratgeber, den man nicht so ganz ernst nehmen sollte. Das wiederum versteht man von ganz allein.
Wir hatten alle viel, viel Spaß!