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Anton und sein Gewissen

Bildquelle: Carlsen Verlag
Anton und sein Gewissen
von Marlies Bardeli
illustriert von Anne-Kathrin Behl
32 Seiten
1. Aufl.26. Februar 2024
ISBN: 978-3-551-52176-7
Carlsen Verlag
14,00€

Auf euch wartet eine unterhaltsame, feinfühlige Geschichte über das schlechte Gewissen und die innere Stimme, die wie ein Zwilling in einem wohnt.
-ein Mutmach-Buch-
für Kinder ab 3+ Jahren
Ihr kennt es bestimmt, die innere Stimme, die sich sofort meldet, wenn man etwas gemacht hat, was nicht so richtig war. Genau dem Thema hat sich Marlies Bardeli angenommen und erzählt die Geschichte von Anton, der weiß, dass er zuweilen etwas falsch macht / gemacht hat und dann mit seiner inneren Stimme hadert, die sich immer dann meldet und ihn auch mal kräftig auf die Nerven geht.
Richtig nahbar wird Antons Geschichte allerdings erst durch die fantastischen Visualisierungen in Anne-Kathrin Behls Illustrationen, in denen Antons innere Stimme / Antons Gewissen ebenfalls als Figur personalisiert zu sehen ist. Wie ein Zwilling, nur in ganz brav mit akkurater Frisur, Kleidung und sogar mit einer Fliege ist er stets an Antons Seite. In Kombination mit Marlies Bardelis einfühlsamer, wunderbar beschreibender Erzählsprache können wir auf äußerst spannende, aber auch amüsante Weise Antons Geschichte erleben und mitfühlen. Wobei das Mitfühlen wirklich leicht ist, denn jeder kennt es, das Gefühl, wenn man etwas angestellt, falsch gemacht, oder auch mal geschwindelt hat. So kann sich jeder in Anton hineinversetzten und mit ihm mitfühlen.
Gleichzeitig erleben wir, wie die innere Stimme ihm Mut macht und Anton immer wieder auf den richtigen Weg stupst, was wiederum auch dem Lesenden Mut macht für seine Fehler einzustehen.
Im Kindergarten ist Spielzeugtag. An dem Tag (man kennt es) dürfen die Kinder ein Lieblingsspielzeug mitbringen.
Jette hat ein tolles Feuerwehrauto mit "echter" drehbarer Leiter mitgebracht und ist sehr stolz es den anderen vorführen zu können. Anton findet das Feuerwehrauto total toll und würde zu gern auch einmal die Drehleiter betätigen. Leider traut er sich nicht Jette anzusprechen und zu fragen, ob er mitspielen darf. Mit Jette hat er eigentlich noch nie gespielt, was es ihm nun schwierig macht sie darum zu bitten. Kurz, er traut sich nicht. (Die Gefühle, die damit einhergehen beschreibt die Autorin ebenfalls sehr feinfühlig und nachvollziehbar)
Als Jette kurz rausgeht nutzt Anton die Gunst der Stunde und setzt sich zum Feuerwehrauto. Er dreht ganz schnell an der Kurbel, um die Leiter auszufahren, doch es passiert nichts. Die Leiter hat sich verklemmt.
Als Jette zurückkommt, verzieht sich Anton schnell, schließlich soll sie ja nicht bemerken, dass er für den Defekt verantwortlich ist.
Natürlich bleibt Jette nicht verborgen, dass sich die Leiter nicht mehr bewegt. Jette ist ganz traurig, was Antons innere Stimme sofort auf den Plan ruft.
"Die arme Jette!" (Zitat) sagt plötzlich eine Stimme, die nur Anton hören kann, und damit beginnt dann der Teil der Geschichte, in der Anton sich mit seinem "Zwilling" (Gewissen) auseinandersetzen muss.
Da Marlies Bardeli die Geschichte von Anfang an Anton selbst als Ich- Erzähler erzählen und erleben lässt wird sie zu einem Dialog zwischen ihm und seinem Inneren- Ich, dass ihm ziemlich fordert.
All das, was er sonst nur gedanklich mit sich ausmachen würde, wird plötzlich ganz real und für uns über die Illustrationen sichtbar, was die Geschichte sehr lebendig und unterhaltsam macht.
Fortan sehen wir sein Gewissen als adretten Junge. Doch Anne-Kathrin Behl geht noch weiter. Sie lässt uns über verschiedene Zeichnungen ganz, ganz deutlich miterleben und spüren, wie eng das Gewissen mit Anton verbunden ist und wie er sich mit diesem zweiten "Ich" fühlt. Für uns Leser ist es zeitweise wie ein aufeinandertreffen zweier Jungen, die sich miteinander auseinandersetzten. So lernen wir Anton I und Anton II kennen, die wie zwei reale Jungen interagieren.
Extrem interessant und wichtig für den Handlungsverlauf und die Emotionalität ist Antons Gefühlsebene, denn Anton ist keinesfalls ein grober Klotz. Ihm ist es sehr unangenehm, dass er Jettes Feuerwehrauto beschädigt hat. Er weiß einfach nicht mit der Situation umzugehen. Ihm fehlt schlicht der Mut sich ihr anzuvertrauen. Wir spüren deutlich, wie sehr er mit sich hadert, auch ohne, dass sein zweites Ich ganz präsent ist.
Da hören wir: "Was soll ich nur machen?" Zum Glück kommt da Papa, um mich abzuholen."(Zitat)
Und dann beginnt er uns von seiner Stimme zu erzählen, die er schon öfter gehört hat.
"Ich heiße Anton. Ich habe die Stimme schon öfter gehört. Wenn alles gut ist, ist es still. Aber sobald ich mal was falsch gemacht habe, meldet sie sich. Sie findet mich überall, sogar im Schlaf."(Zitat) erklärt er uns und lässt uns mit zahlreichen Beispielen, die Anne-Kathrin Behl in mehreren wundervollen Bildsequenzen festgehalten hat, daran teilhaben.
Marlies Bardeli lässt ihren Ich-Erzähler Anton ausführlich und facettenreich jede Situation mit den jeweiligen Gefühlen und Emotionen, schildern, bevor es wieder zum Dialog zwischen Anton I und Anton II zurückgeht, in dem es immer noch um Jette und das Feuerwehrauto geht, denn der Vorfall muss geklärt werden. Anton weiß und spürt, dass sein Zwilling ihn erst wieder in Ruhe lässt, wenn er mit Jette gesprochen hat, denn erst dann wird er sich wieder gut fühlen können.
In der Auseinandersetzung mit "Allesbesserwisser-Anton" fragt Anton auch, was er tun kann. Das klingt zwar zunächst etwas trotzig und genervt, doch genau das macht den Charme der Geschichte aus, und ist das, was uns letztendlich auch mal schmunzeln lässt. Der "Allesbesserwisser-Anton" ist einfach etwas ganz Besonderes. Er ermutigt Anton ehrlich zu Jette zu sein und sich zu entschuldigen. Er weiß, dass es schwer ist, aber dass es sein muss, und er steht Anton bei diesem schweren Gang zur Seite. "Ich helfe dir…"(Zitat).
Wieviel Überwindung und Mut es Anton abverlangt und wie Jette auf Antons Beichte reagiert erfahrt ihr, wenn ihr in dieses bezaubernde, wie wichtige und Mut machende Bilderbuch eintaucht.
Es ist nicht nur hilfreich und Mut machend, sondern auch einfach ein kurzweiliger, feinfühliger Lesespaß, ganz ohne spürbaren (abschreckenden) pädagogischen Zeigefinder, auch wenn die Botschaft natürlich ankommt und Antons Geschichte nachhallt.

Mehr zum Buch erfährst du auch auf der Seite des Carlsen Verlags.
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