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Geht sterben wieder vorbei?

Bildquelle: Gabriel Verlag
Geht Sterben wieder vorbei?
von Mechthild Schroeter-Rupieper
mit Bildern von Imke Sönnichsen
32 Seiten
1. Aufl. 2020
ISBN: 978-3-522-30564-8
Gabriel Verlag
14,00€

Ein ganz besonders Buch
 Eine erzählende Geschichte die von vielen Fragen und informativen Antworten begleitet  wird
für Kinder ab 5 Jahren

"Geht sterben wieder vorbei?"
Dies ist eine sehr häufig gestellte Frage von Kindern, die Krankheit, auch schwere Krankheit kennen und verstehen und den Tod als eine Art Krankheit betrachten.
Das der Tod keine Krankheit ist sondern das Ende des Lebens, das erleben wir in diesem Bilderbuch mit zahlreichen ergänzenden/erklärenden Informationen sehr eindrucksvoll.
Die Autorin Mechthild Schroeter-Rupiper ist Familientrauerbegleiterin in Referentin genau in diesem Bereich. Ihre Erfahrungen machen es ihr möglich ein Buch zu schreiben, das sowohl immer wieder auftretende Kinderfragen beantwortet als auch eine erzählende Geschichte damit zu verbinden. Liest man das Buch als Erwachsener, dann muss man schon das ein oder andere Mal schlucken, denn hier wird sehr offen über das Thema Tod gesprochen. Für den ein oder anderen, der noch nicht damit konfrontiert war Kindern den Tod eines geliebten Menschen zu erklären, mag die Geschichte heftig erscheinen. Der ein oder andere würde gern einige Teile nicht vorlesen, aussparen doch sollte man es aushalten. Das soll nicht heißen, dass man im Fall eines Falles das Buch als feste Anleitung sehen sollte wie man Kindern den Tod und alles was damit verbunden ist vermittelt. Es ist vielmehr so, dass die Geschichte, das Buch kindgerecht erzählt und vermittelt wo einem selbst vielleicht die Worte fehlen oder man sich scheut so offen zu sprechen.
In der Geschichte erleben wir wie die Kinder Marlene und Paul viel intensive Zeit mit ihrem Opa verleben. Rituale haben sich eingespielt, die den Kindern Halt und Freude bereiten. Doch der geliebte Opa wird mit der Zeit schwächer. Er kann nicht mehr mit den Kindern spielen, nicht mehr mit ihnen in den Garten gehen. Er liegt im Bett, zu müde um Geschichten zu erzählen, aber Paul und Marlene genießen auch diese Momente mit dem geliebten Opa. Als die Eltern ihnen eines Morgens erzählen das der Opa tot ist, ist das besonders für den kleinen Paul kaum zu begreifen. Wie genau die Kinder auf die Nachricht reagieren können wir anhand der ausdrucksstarken Illustrationen wunderbar miterleben. Das Miterleben über die Zeichnungen ist hier ein ganz wichtiges Element des Buches, denn ohne sie würden die Kinder das alles nicht verstehen können. Es reicht nicht sich selbst Bilder vorzustellen, denn man kann sich nur das vor dem inneren Auge selbst vorstellen was man bereits schon einmal gesehen, erlebt hat. Was mit dem Thema Tod in Verbindung steht gehört in der Regel nicht zum Erfahrungsschatz der Kinder, somit entfällt das Andocken an Wissen. Genau dieses Wissen liefert nun das Buch.
Die Kinder stellen Fragen und die Eltern versuchen zu antworten. Aber auch außerhalb der Geschichte werden in einem separatem Teil Fragen gestellt und Antworten geliefert.
hier ein Beispiel wie das Buch aufgebaut ist. erzählende Geschichte auf der linken Seite trifft auf Fragen und Antworten auf der rechten Seite
Besonders bemerkenswert und unglaublich genial ist das was Marle und Paul von ihrer Mutter erfahren als sie wissen möchten wo Opas Leben denn jetzt ist. Ich möchte hier ganz bewusst nicht darüber berichten, denn das obliegt der Autorin, finde es aber so beeindruckend und klar, dass ich jedem nur raten kann es zu verinnerlichen, denn sie liefert eine Antwort, die selbst Erwachsenen ein "Ah ja" entrückt. 
Marlene und Paul werden von den Eltern in alle Geschehnisse eingebunden. Liebevoll aber auch klar, ohne etwas zu verheimlichen lassen sie ihre Kinder teilhaben. Sie dürfen beim Gespräch der Eltern mit der Bestatterin dabei sein, erfahren etwas von Urne und Sarg, dürfen den geliebten Opa im Sarg liegend noch einmal Besuchen, von ihm Abschied nehmen. Einfühlsam erzählt die Autorin wie Marlene den Opa zunächst zaghaft versucht zu streicheln, wie sie erschrickt weil er sich so kalt anfühlt und wie sie dann doch noch einmal seine Hand ganz bewusst berührt. Wir erfahren von der Trauerfeier, vom Krematorium, von der Beerdigung der Urne, der Trauerfeier mit Erinnerungen an den Großvater und einem letzten, erstem Besuch am nun fertigem Grab mit Grabstein. 
Es ist keine leichte Geschichte, aber auch nicht so schwer wie man vermuten mag. Besonders hilfreich sind die Fragen und Antworten so wie das Wort an die Eltern, denn hier wird deutlich wieso es so wichtig ist Kindern die Wahrheit zu sagen und sich nichts auszudenken.
Ich habe schon sehr viele Bücher, Bilderbücher für Kinder entdecken dürfen, die sich auf die ein oder andere Weise mit dem Thema Tod beschäftigen. Ich habe schon oft mit Kindern diese Bücher gelesen und mit ihnen über den Tod gesprochen, doch so klar und intensiv wie dieses war bislang keines. Es ist gut das es nun so ein Buch gibt, wirklich!! Doch ich gebe auch zu, dass es mir nicht leicht gefallen ist die eine oder andere Träne zu unterdrücken, weil die Erinnerungen, die sich in mir breit machten stark wurden. Das Traurig sein und Weinen dazu gehört wird in der Geschichte auch thematisiert doch ob man beim Vorlesen Tränen vergießen sollte, wenn auch nur wenige, das finde ich ehr weniger gut und daher sollten Eltern dieses Buch bevor sie es mit ihren Kindern entdecken sehr genau lesen und vielleicht sogar einen durchsichtigen Handschuh und einen Stift bereit legen. Was es damit auf sich hat erfährt man in der Geschichte.
Dies ist wirklich ein Buch, das Worte findet wo wir selbst oft keine Worte finden.
Für Kinder ab 5 Jahren 
Bitte dies aber nur als Richtwert sehen, denn jedes Kind ist emotional anders aufgestellt.

Und noch ein privater Tipp:
Kinder, egal wie klein sie sind verstehen besser als man denkt und deshalb sollte man sie mit einbeziehen.
Als meine Mutter im Hospiz war und klar war das sie bald für immer einschlafen würde habe ich meine Kinder im Alter zwischen 1 und 12 Jahren ganz bewusst immer mit genommen. Sie sind im Zimmer der Oma herumgetollt, in den Garten und auf den Spielplatz gelaufen, wieder zurück zur Oma, die sich gefreut hat so viel Leben um sich zu haben. Es war als würde sie abgelenkt und dem war wohl auch so. Als sie von Stunde zu Stunde müder wurden, wie der Priester holten waren sie dabei und sie waren dabei als wir mit einigen Verwandten im Zimmer saßen, standen, über dies und das redeten und die Oma ganz leise einfach einschlief. Viele stören sich an dem Begriff einschlafen, für immer schlafen weil es sterben ist und nicht einschlafen. Das ist richtig aber meine Kinder haben erlebt, dass die Oma friedlich eingeschlafen ist und ihr Herz dabei irgendwann still stand. Sie haben keine Angst einzuschlafen und selbst nicht mehr aufzuwachen denn sie wussten das die Oma schwer krank war und man nicht einfach so für immer einschläft. Noch heute über 10 Jahre später erzählen sie wie von einem Ausflug von diesem Tag und erinnern sich gerne. Als vor kurzem ihr Vater starb und sie keine Gelegenheiten hatten bewusst Abschied zu nehmen, ihn in den Tod zu begleiten kam bei den größeren der Tag in Erinnerung an dem wir die Oma gehen ließen. Damals hatte mein ältester Sohn 22 die Tür nach draußen ganz weit aufgemacht damit die Seele der Oma frei heraus kann. Wir wollten dies beim Papa (bei meinem Mann) auch machen doch waren die Fenster des Krankenhauszimmers verschlossen. Ein paar Tage nach dem Tod meines Mannes fragte eines der Kinder wieso wir Papas Seele nicht frei gelassen haben und stellte fest, dass der Tod der Oma viel "schöner" war als vom Papa. Dies ausgesprochen fragte er dann ob man in Verbindung mit Tod von schön sprechen darf. Darf man!! Und so zeigt sich für mich, wenn es möglich ist bezieht die Kinder mit ein, dann ist der Tod halb so schlimm, lässt sich viel leichter verarbeiten und akzeptieren.
p.s.
Mit Luftballons haben wir uns von beiden verabschiedet!