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Die kleine Motte die davon träumte, anders zu sein


Bildquelle: Knesebeck Verlag
Die kleine Motte
die davon träumte, anders zu sein
von Dully & Dax
Eva Dax und Sabine Dully
32 Seiten
1. Aufl. 2020
ISBN: 978-3-95728-305-4
Knesebeck Verlag
13,00€

Eine Geschichte über
 Identitätsfindung und Anderssein wollen
Zum Thema Ich-Stärkung und Selbstbewusstsein
für Kinder ab 4 Jahren

Die kleine Motte lebt in der Nacht und wünscht sich nicht sehnlichster als ein wunderschöner Schmetterling zu sein, doch kann aus einer Motte ein Schmetterling werden und wieso sollte eine Motte überhaupt ein Schmetterling sein wollen?
Die kleine Motte in dieser Geschichte zumindest setzt alles daran wie ein Schmetterling zu sein und auch so auszusehen. Der Wunsch ist soooo groß, dass sie sogar ihr Leben riskiert. Ob es das wert ist? Ob sie das ahnte?
Vermutlich nicht. Abgesehen davon, dass der Körper und Flügelaufbau ein völlig anderer ist auch der Lebensrhythmus und die Lebensumstände von Motte und Schmetterling völlig unterschiedlich. Schmetterlinge sind tagaktiv, Motten werden erst wach wenn die Nacht beginnt und so hat die kleine Motte erst einmal große Mühe am Tag ihre Augen aufzuhalten, wach zu bleiben. Als sie ein Gespräch der Schmetterlinge mitbekommt in dem sie sich über die unterschiedlichen Nektar Aromen von Flieder und Wildrose unterhalten und sie dann von einem Falter gefragt wird was ihr Lieblingsgeschmack ist wird schnell klar, dass ihr Gegenüber kein Schmetterling sondern eine staubige Motte, Ungeziefer ist, denn unsere kleine Motte liebt alte, stinkige Socken.
Das die schönen Schmetterlingen sie als Ungeziefer bezeichnen und keinen Hehl daraus machen, was sie von Motten halten ist sie sehr, sehr traurig. Sicherlich würden viele jetzt das Weite suchen und aufgeben anders zu sein, doch die kleine Motte lässt sich nicht einschüchtern. Sie probiert so einiges aus um wie ein Schmetterling zu sein und es gibt den Moment, da hätte sie es fast geschafft, doch um welchen Preis. Sie fliegt mit den Schmetterlingen auf ein Lavendelfeld doch als sie das realisiert ist es schon zu spät, benommen von dem Duft sinkt sie zu Boden und wieder lachen die anderen über sie.
Das hätte noch viel schlimmer ausgehen können, denn die kleine Motte hat Glück, ihr gelingt es nach Hause zu kommen. Als sie am Abend traurig in ihrer Wollsocke auf einem Ast sitzt kommt plötzlich etwas von oben auf sie hinunter geplumst. Es ist eine Fledermaus, die zu gern eine Blaumeise wäre. Auch sie übt schon eine Weile ein Vogel zu sein und das mit genauso wenig Erfolg wie die kleine Motte, die ein Schmetterling sein möchte.
Doch dann wird ihnen aber klar, wie dumm das Anderssein wollen ist. Und das die Nacht doch eigentlich wunderschön ist, vor allem dann wenn man sie mit einem Freund erleben kann.
In dieser so liebevoll erzählten Geschichte erkennen die Kinder schnell das jeder anders ist und das genau das auch gut ist. Jemand anders sein zu wollen ist nicht nur anstrengend sondern macht auch unzufrieden, denn das Scheitern ist vorprogrammiert. Die kleine Motte war eine sehr mutige und letztendlich sehr selbstbewusste kleine Motte. Sie hat viel einstecken müssen, hat sich verspotten und auslachen lassen und ist trotzdem nicht müde geworden an ihrem Traum festzuhalten bis sie eingesehen hat, dass der eine so ist und der andere so und jeder auf seine Art gut ist und vor allem glücklich leben kann. Sie lebt in der Nacht, nicht am Tag. Sie liebt Stinkesocken und keinen Blütennektar. Sie ist eine Motte und kein Schmetterling.
Und die Kinder?
Haben sie auch schon einmal anderssein wollen?
Was oder wer wollten sie sein und wieso?
Ein breites Themenfeld, das die Kinder schnell mit sehr viel Inhalt füllen können.
So ist diese wundervolle Geschichte mit ihren ebenso tollen Illustrationen, in denen die Gefühlswelt der kleinen Motte sehr deutlich wird, das ideale Bilderbuch um mit Kindern über Identität zu sprechen.
Die ausdrucksstarken Zeichnungen von Sabine Dully beeindrucken. Insbesondere die Mimik und Gestik sowohl der kleinen Motte als auch der Schmetterlinge und später der Fledermaus. Sie wirken intensiv, machen mal etwas traurig und lassen auch immer wieder schmunzeln. 

Kein Kind hört hier einfach nur zu. Kommentare als unmittelbare Reaktion auf ein Geschehen sollte man hier unbedingt mit einplanen.
Ob man den Kindern im Vorfeld sagt, dass erst vorgelesen und dann gesprochen wird oder ob man bereit ist sich auf die Kinderreaktionen direkt einzulassen sollte sich jeder im Voraus überlegen. 
Uns waren die Reaktionen der Kinder immer wichtig, so dass wir Unterbrechungen spontan aufgenommen haben. Meines Erachtens die richtige Entscheidung wenn man möchte, das die Kleinen wirklich in der Geschichte mit gehen. Natürlich dürfen die Kommentare den Rahmen nicht sprengen aber ich bin mir sicher, jeder der mit Kindern lebt und arbeitet weiß Gespräche zu lenken.
In diesem Sinn wünsche ich euch ganz viel Spaß mit der kleinen Motte, die unsere Lesekinder sehr ins Herz geschlossen haben.