Bildquelle: Herder Verlag
Herr Hüpf lernt Fliegen
von Ole & Paul
Ole Puls
mit Bildern von Paul Trakies
32 Seiten
1. Aufl. 15. August 2022
ISBN: 978-3-451-71701-7
Herder Verlag
15,00€
Auf euch erwarte eine einfühlsame Geschichte zum Thema Abschiednehmen und den Tod
über die Freundschaft eines Kindes zu seinem Haustier,
die Trauer und das Weiterleben
für Kinder ab 5 Jahren
Josh ist fast 5 Jahre und hat einen allerbesten Freund.
Herr Hüpf, der Name lässt es schon vermuten ist Josh Kaninchen. Herr Hüpf begleitet Josh schon seit ganzen Leben. Mittlerweile ist er mit seinen 10 Jahren schon ein richtiges Opa-Kaninchen was man zuweilen an seinem Verhalten bemerkt, doch das stört Josh in keinster Weise. Er ist genauso für seinen vierbeinigen Freund da, wie der für ihn.
Wenn Josh aus dem Kindergarten kommt, erzählt er Herrn Hüpf erst einmal von seinem Tag. Die guten Erlebnisse genauso wie die schlechteren. Manchmal gehen sie am Nachmittag raus auf die Wiese und veranstalten ein Wetthüpfen. Dabei bemerkt Josh immer öfter, dass Herr Hüpf nicht mehr so fit ist.
Eines Nachts wird Josh wach und es ist eine seltsame Stille im Raum. Er wundert sich das Herr Hüpf nicht wie sonst manchmal an den Stäben knabbert. Plötzlich entdeckt er einen hellen Lichtstrahl direkt über Herrn Hüpf, der friedlich in seinem Stroh liegt, doch durch den Lichtstrahl sieht es fast so aus als würde das Kaninchen schweben. Schwebende Kaninchen gibt es nicht, denkt Josh und ist sich sicher, dass es nur ein Traum ist. Als Herr Hüpf aber immer höher schwebt und greift Josh nach ihm und hält ihn ganz fest. Was für eine Nacht. Müde legt sich Josh mit Herrn Hüpf ins Bett, doch dann geschieht etwas, das fast noch verwunderlicher ist als das Schweben. Herr Hüpf spricht mit ihm und liegt nicht nur in seinen Armen, sondern auch im Käfig. Er möchte Fliegen lernen, weil er spürt das es Zeit dafür ist. Josh versteht nicht so recht, wieso Herr Hüpf auf einmal spricht, und Fliegen lernen möchte und das er noch nicht einmal weiß, wohin er fliegen möchte, nur eins wird ihm klar, wenn sein Freund wegfliegt, ist er allein und das möchte er auf keinen Fall. Josh ärgert sich, verbietet ihm wegzufliegen.
Einfühlsam erklärt Herr Hüpf Josh, dass er alt und schwach ist und es Zeit für ihn ist zu gehen, dass Josh ihn gern festhalten darf, doch nicht mit den Händen, sondern mit dem Herzen und das es ihm da, wo er hinfliegt, gut gehen wird, weil er keine Schmerzen mehr hat.
Josh ist sehr traurig, doch langsam versteht er, was sein Freund ihm versucht zu erklären. Herr Hüpf muss ihm versprechen, dass er ihn nicht vergisst und immer bei ihm ist, wenn er an ihn denkt. Dann lässt Josh seinen Freund los, legt sich ins Bett und träumt.....
Die Geschichte von Josh und seinem besten Freund, dem Kaninchen ist eine fantasievolle Geschichte, die ganz ausführlich vom Abschiednehmen erzählt. Und auch wenn es nur eine fiktive Geschichte ist, die sich so nie zutragen würde, ist die doch sehr real und nachempfindbar.
Herr Hüpf bereitet seinen kleinen Freund auf seinen Tod vor, ohne vom Tod zu sprechen, sondern mehr von einer Reise in eine andere Welt, eine Welt, in der er keine Schmerzen mehr hat und auch das Durcheinander in seinem Kopf verschwunden ist. Es dauert eine Weile, bis Josh loslassen kann, bis er einsieht, dass er seinen Freund fliegen lassen /loslassen muss es aber kein Abschied ist, sondern einfach eine andere Ebene ihrer Beziehung. Dieser Prozess des Abschiednehmens wird in den wenigsten Bilderbüchern so intensiv und nachvollziehbar beschrieben. Umso schöner, dass Ole Puls hier genau die richtigen Worte findet, um Kindern dieses Abschiednehmen einmal näher zu bringen, ohne dabei Angst hervorzurufen. Ja, man muss schlucken und die Dialoge der beiden Protagonisten sind traurig, aber eben nicht nur. Sie sind gespickt mit Beispielen, Erinnerungen an gemeinsame Zeit und an die "Zukunft" die Herrn Hüpf erwartet. Das Gespräch der beiden ist intensiv, erklärend und klärend. Eine Verabschiedung in der Herr Hüpf und Josh einen letzten gemeinsamen Weg gehen und Josh nicht von seinem Freund plötzlich alleingelassen wird, sondern er selbst den Moment wahrnimmt, an dem er bereit ist loszulassen, seinen Freund fliegen zu lassen.
In der Realität ist es leider selten, dass Kinder so auf das Abschiednehmen vorbereitet werden. Das liegt zum einen daran, dass der Tod plötzlich kommen kann und zum anderen daran, dass Erwachsene sich oft scheuen Kinder mit dem Thema Tod zu konfrontieren, was wiederum hauptsächlich daran liegt, das ihnen selbst die Worte fehlen.
Es ist nicht leicht, wenn man selbst traurig ist und dann auch noch die Kraft aufbringen muss kindgerecht etwas zu erklären.
Genau deshalb sind Bücher wie dieses so wichtig.
Sie finden Worte, wo viele keine Worte finden, sie sind da und erzählen Geschichten, in denen sich Kinder wiederfinden können oder verstehen lernen, was so schwer zu verstehen ist.
Grundsätzlich sollte man Kindern nicht erst mit dem Thema Abschied und Tod konfrontieren, wenn ein aktueller Anlass vorliegt. Ich weiß aber auch wie schwer es ist, einfach so eine so intensive Geschichte vorzulesen.
Josh und Herr Hüpf ist eine Geschichte, die einen Denkprozess auslöst, den man begleiten muss. Es ist keine Geschichte, die man vorliest und dann zur Tagesordnung übergeht, das sollte jedem, der das Buch vorlesen möchte klar sein.
Man muss das Vorlesen vorbereiten, sich im Vorfeld Gedanken darüber machen, welche Fragen oder Reaktionen bei den Kindern auftauchen könnten und wie man am besten darauf reagiert.
Was ich sehr bemerkenswert fand, ist das, was Kinder einer Trauergruppe feststellten.
Wir haben hier die Geschichte eines Kindes, das sich von seinem Haustier verabschiedet. Das Kaninchen ist als Kaninchen in den Illustrationen immer präsent und dennoch hatten sie das Gefühl, dass das Kaninchen gar nicht als Tier, sondern als eigene Persönlichkeit wahrgenommen wurde. Das mag an der Tatsache liegen, dass wir hier ja von Herrn Hüpf sprechen, liegt aber wohl hauptsächlich an den Dialogen.
Die Gespräche der beiden lassen vergessen, dass es sich hier um ein Tier handelt und genau dieses Empfinden macht die Geschichte so breit in ihren Einsatzmöglichkeiten. Ob Abschiedsvorbereitung, oder Abschiednehmen von einem Tier oder Menschen ist dabei völlig gleich.
Das Besondere an dieser sehr emotionalen, intensiven und klaren Geschichte sind auch die Illustrationen die frech, frisch, fröhlich, emotional und auch witzig sind. Sie gehen sehr schön auf die Stimmungen des Geschehens ein und nehmen einen erst einmal in eine lustige, lebhafte Erlebniswelt mit, bevor sie vom lebendigen Miteinander hin zum Abschiedsprozess führen und das alles auf eine Art und Weise, die nie ängstigt.
Josh mit seiner grünblauen großen Brille, den Sommersprossen und den leuchtend rotorangen Haaren, die genauso rot sind, wie die Möhren seines Freundes strahlen gleich eine gewisse Grundfröhlichkeit aus, die auch den traurigen Momenten guttut.
Überhaupt solltet ihr euch die Bilder einmal genauer anschauen, denn dann entdeckt ihr ganz viel Elemente, die Josh und Herrn Hüpf verbinden. Ob die Haarfarbe, die an Möhren erinnert oder die Augen, die gleich zu sein scheinen, die Bilder visualisieren nicht nur das Geschehen und transportieren die Gefühle, sondern lassen noch so einiges andere entdecken.
Besonders schön fanden die Kinder ein das "Tränenbild" wie sie es nannten. In der Geschichte erfahren wir, dass Josh Tränen auf das Fell des Kaninchens tropfen. Im Bild sehen wir Tränen unterschiedlicher Größe hinunterfallen. Ein Fellohr ist am Rand erkennbar aber der Fokus liegt auf den Tränen. In einer großen Träne sehen wir das Gesicht des Kaninchens. "Das sieht lustig aus!" sagte eines der Kinder. Bei aller Traurigkeit beinhaltet genau diese Szene so viel Hoffnung, so viel Faszination, dass die Traurigkeit in den Hintergrund rückt und dem Verstehen und Loslassen Raum lässt.
Ein wundervolles Bild, das den weiteren Handlungsverlauf vom Loslassen können auf einen Weg bringt.
Herr Hüpf lernt fliegen und die Kinder, die dieser Geschichte folgen, lernen, das Abschied zum Leben dazu gehört, aber Abschied nichts Endgültiges ist. Das alles, was man miteinander erlebt, gefühlt hat verbindet und in unseren Herzen weiterlebt.
Ihr braucht weitere Informationen?
Dann schaut doch mal auf der Seite des Herder Verlags vorbei.
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