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Hoch hinaus

Bildquelle: Kunstanstifter Verlag
Hoch hinaus
eine Bildergeschichte von Franziska Walther
40 Seiten
1.Aufl.2017
ISBN: 978-3-942795-61-6
22,00€

Eine wunderbare, kunstvoll illustrierte  Bildergeschichte
 nach einer wahren Begebenheit

Bilderbücher wie diese gibt es leider zur Zeit relativ wenig auf dem deutschen Buchmarkt.
Umso schöner, dass der Kunstanstifter Verlag seine eigenen Weg fern ab vom Mainstream geht.

"Hoch hinaus"
Ist eine Geschichte nach einer wahren Begebenheit, die zur Einführung kurz erzählt wird.
Das ist dann aber auch schon das Einzige an Text was wir in diesem Buch finden, denn die Geschichte wird durch ihre Bilder erzählt.
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Was war wirklich passiert?
2014 verirrte sich ein junger Elchbulle in eine Siemens Kantine in Dresden ,nach dem er zuvor mehrfach in Radebeul in einem Wohngebiet gesichtet wurde  und auch dabei beobachtet wurde wie er durch die Elbe schwamm.
Wieso er sich gerade die Kantine aussuchte ist unbekannt.
Auf jeden Fall fand er anscheinende den Ausgang nicht mehr, so dass er von der Feuerwehr befreit werden musste.
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Franziska Walther hat schon einige Bücher illustriert und auch zahlreiche Auszeichnungen für ihre Illustrationen erhalten.
"Hoch hinaus" ist ihr erstes Bilderbuch und es ist zu hoffen, dass es noch viel weitere geben wird.
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Ihre Geschichte erzählt von Erasmus, einem jungen neugierigem ,abenteuerlustigem Elch, den das Fernweh packt.
So verlässt er seine Eltern und macht sich auf  in die weite Welt. Er durchstreift Wälder, und Felder überquert Höhenzüge und Berge. Als er in einer Vollmond-Nacht an einem großen Fluss ankommt schwimmt er auch hier durch. Wieder an Land erreicht er eine kleine Vorortsiedlung. Er steckt hin und wieder neugierig seinen Kopf durch die offenen Fenster der Häuser. Vielleicht findet er hier etwas Leckeres zu fressen?
Sein Weg führt ihn weiter und weiter bis er die Stadt erreicht. Hier ist es nicht ungefährlich. Hecktisch herumlaufende Leute, hupende Autos. Manche Passanten füttern ihn mit Äpfeln. Erasmus beobachtet sie, sieht wie sie in Häusern verschwinden, tut es ihnen gleich und landet prompt in einem großen Kaufhaus. Er schaut sich um, probiert einen Hut an, betrachtet sich neugierig im Spiegel. Zunächst scheint es ihm Spaß zu machen. Er läuft mal hier hin, mal da hin, die Treppen hoch und wieder runter und landet dann irgendwann auf dem Dach des Hauses. Ganz schön tief geht es da runter. Auf einmal fühlt sich Erasmus ganz klein.
Er sucht den Ausgang, doch die Tür ist hinter ihm zugefallen. Wo er auch hin sieht, wo er auch hin geht er findet keinen Ausgang.
Die Nacht kommt und der Elch schaut wieder einmal den Vollmond an, traurig liegt er nun da oben und träumt bis er plötzlich eine Idee hat. Fliegen müsste man können. Er pustet sich ganz doll auf bis sein Bauch riesengroß und kugelrund ist und ihm langsam Flügel wachsen, die ihn durch die Nacht und den Tag über, Häuser und Bäume tragen.
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Es ist eine Geschichte, die zeigt, dass man mit Mut, Willenskraft und einer gehörigen Portion Phantasie alles erreichen kann und sogar aus scheinbar ausweglosen Situationen heraus kommt wenn man an sich selbst glaubt und nicht aufgibt, denn dann wachsen einem Flügel.
Die Flügel symbolisieren häufig, das Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein.
Auch umgangssprachlich heißt es  "  ... es scheint ihm sind Flügel gewachsen..." wenn man damit ausdrücken möchte, dass jemand etwas erreicht hat ,dass scheinbar nicht möglich war. Wenn er selbst über seine Grenzen gegangen ist.
Es gibt den Spruch
Man soll Kinder wenn sie ganz klein sind Wurzeln geben und später dann Flügel.
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Franziska Walther erzählt in sehr poetischen Bildern, die mal seitenfüllend und mal unterteilt in kleinere Bildsequenzen  sind diese abenteuerliche Geschichte.
Warme, klare Farben, spiegeln die Sehnsucht, die Abenteuerlust, die Neugierde aber auch die Anstrengungen und Niederlagen deutlich wieder. Sie fokussiert auf das Wesentlich, schafft keine Ablenkungen durch unnötige Details und lässt  so viel Raum für eigene Interpretationen.
Raum für eigene Interpretationen finden wir leider viel zu wenig in  Bilderbücher . Oftmals werden die jungen Leser mit so viel festen Informationen in einer Geschichte zu getextet, dass sie nur konsumieren aber nicht mehr selbst nachdenken.
Daher sind Bücher wie dieses so wichtig für unsere Kleinen.
Nicht nur dass sie mit Bildergeschichten die Möglichkeit haben selbst eine Geschichte zu erzählen, sie werden auch in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt. Denn eine eigene Geschichte zu erfinden und zu erzählen ist etwas besonderes. Diese Erfahrung stärkt und verleiht Flügel, so wie  unserem kleinen Elch Erasmus Flügel gewachsen sind.
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Für den Einsatz im Kindergarten
ist dieses Buch eine wichtige Bereicherung. Es werden Erzählanlässe geschaffen und somit die Sprachkompetenz gefördert und der Wortschatz erweitert.
Gleichzeitig besteht die Möglichkeit die Geschichte weiter zu führen und für die Fortsetzung auch eigene Bilder zu gestalten.
Diese neuen Bilder könnten dann z.B.im Kamishibai Erzähltheater Rahmen den anderen Kindern vorgestellt und die Geschichte erzählt werden.
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 Ich würde mir wünschen, dass unsere Lehrer auf dieses Buch aufmerksam werden und es im Unterricht einbringen.
Haben wir nicht alle die "Vater Sohn Geschichten" erzählen müssen?
Wieso nicht mal zur Abwechslung "Hoch hinaus" mit seiner wahren Geschichte und einer wichtigen Botschaft?
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 Nachtrag

Heute habe ich das Buch mit in unsere Lesestunde genommen. Kinder zwischen 3 und 7 Jahren waren da um eine Geschichte vorgelesen zu bekommen.
Ich erzählte den Kindern die wahre Geschichte von Erasmus dem kleinen Elch. Dann zeigte ich ihnen das Buch.
"Seht mal, hier habe ich eine Bildergeschichte. Bildergeschichten haben keinen Text. Hier erzählen die Bilder die Geschichte.
Wer möchte denn zum ersten Bild etwas erzählen?...."
Ein kleiner Junge sagte, wieso sollen wir denn erzählen, wir möchte doch eine Geschichte vorgelesen bekommen."
Gleichzeitig viel ihm ein anderer Junge ins Wort, der unbedingt erzählen wollte. Nachdem er anfing wollten plötzlich alle etwas dazu sagen....
Es wurde eine lustige, interessante Lesestunde, die mit dem Kommentar endete:
"Können wir das noch mal machen?"

Hier erkennt man deutlich, das die Kinder noch nie mit Bildergeschichten in Kontakt gekommen sind. Wimmelbilder kennen sie aber Bildergeschichten waren ihnen neu.
Hier müssen wir wirklich noch viel fördern.
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