Unsere Lieblingsbücher

Ein Sieg für Kasimir

 

Bildquelle: Brunnen Verlag
Ein Sieg für Kasimir
von Bethany Christou
32 Seiten
ISBN: 978-3-7655-6994-4
1. Aufl. 03.08.2020
Brunnen Verlag
13,00€

Eine einfühlsame Geschichte
über Erwartungen anderer,
Angst und den Weg zu sich selbst zu finden
für Kinder ab 3 Jahren
Die Geschichte des kleinen Krokodil Kasimir ist fiktiv doch steckt in ihr so unglaublich viel, was Kinder wirklich durchleben.
Viele Erwachsene stellen viel zu hohe Anforderungen an ihre Kinder. Verlangen von ihnen Leistungen, Erfolg. Sie bauen einen Druck auf, dem das Kind nicht gewachsen ist. Dieser Druck wird zur Belastung mit der die meisten nicht umgehen können. Wie auch. Man möchte die anderen nicht enttäuschen, möchte Erwartungen erfüllen und verliert sich selbst dabei.
Wie schlimm das ist, wie sich das anfühlt und das es einen Weg hinaus aus dem Druck gibt, davon handelt dieses sehr intensive, beeindruckende, ausdrucksstarke Bilderbuch von Bethany Christou.
Krokodil Kasimir entstammt einer sehr erfolgreichen Familie. Bei jedem Wettbewerb steht einer von ihnen auf dem Siegertreppchen. Klar das auch Kasimir in diese Fußstapfen treten muss. Kasimir schwimmt gern und gut also wird alles daran gesetzt, dass er eines Tages einen Wettbewerb mit schwimmt und natürlich gewinnt. Das dies Kasimir überhaupt nicht gefällt, das er Angst hat zu versagen, dass ihn der Druck an sich selbst zweifeln lässt und unglücklich macht kommt den Familienmitgliedern überhaupt nicht in den Sinn. Vermutlich meinen sie es noch nicht einmal böse, es steckt einfach in ihnen drin. Sie sind so vom Erfolg verwöhnt, das es ihnen überhaupt nicht in den Sinn kommt, das jemand keinen Spaß daran haben könnte Erfolg zu haben.
Kasimir liebte es gemütlich auf dem Wasser zu liegen und zu träumen. Doch soll er trainieren, Leistung bringen da klappern ihm die Zähne, da zittert die Schwanzspitze und sein Herz klopfte wild, doch das zu sagen zu sagen, dass ihm das alles keinen Spaß macht das traut er sich einfach nicht.  Als ihn seine Mutter dann zum ersten Wettbewerb anmeldet tut Kasimir alles dafür nicht mitmachen zu müssen. Selbst Weglaufen, Auswandern ist eine Option. Er malt sich Flecken an den Körper um krank auszusehen doch es hilft alles nichts. Er nimmt sogar all seinen Mut zusammen um mit den Eltern zu reden doch keiner in der Familie nimmt  ihn ernst. Alle sind überzeugt einen weiteren Sieger in der Familie zu haben.
So kommt es wie es kommen muss, der Tag des Wettbewerbs kommt. Alle Teilnehmer werden angefeuert doch Kasimir hört nur die erwartungsvollen Anfeuerungen seiner Familie, die ihm gelten und mit jedem  Ruf wird sein Kummer, seine Angst größer.
Aus Angst zu versagen, zu enttäuschen rennt er weg. An einem schönen Platz legt er sich gemütlich aber sehr traurig und einsam aufs Wasser und macht eine Begegnung, die sein ganzes Leben verändert, denn er findet einen Freund, der ihm zuhört, ihn versteht und ihn auf eine ganz wundervolle Idee bringt, die ihn wirklich sehr, sehr glücklich macht.
Und ob ihr es glaubt oder nicht als seine Familie ihn findet und sieht wie glücklich er ist freuen sie sich mit ihm und sind sehr stolz auf ihn.
Die Geschichte berührt, lässt Kinder mit- und nachempfinden und auch ein Stück mit Kasimir mit leiden. Beim Vorlesen, egal in welcher Gruppenzusammenstellung, kamen immer wieder die gleichen mitfühlenden Kommentare. "Der arme Kasimir"; "So gemein, dass die Großen immer nur Leistung wollen!" "Wieso hören die nicht mal zu?!"
"Guck mal wie traurig Kasimir guckt....."
Und auch nach der Lesestunde im Gespräch über die Geschichte waren die Gefühle der Kinder bei dem kleinen Krokodil. Sie litten mit ihm und freuten sich mit ihm und es gab Kinder, die von ihrem ähnlichen Leben erzählten. Der eine musste ein Instrument spielen obwohl er lieber zum Fußball gehen würde. Da alle in der Familie ein Instrument spielten durfte er nicht ausscheren. Ein Mädchen musste zum Ballett, zum Eislauftraining und zum Schwimmen, dabei wollte sie viel lieber nur mit ihren Freundinnen spielen oder mal die Oma öfter besuchen.
Von 10 Kindern waren es 6-8 Kinder, die Kasimir nur zu gut verstanden. Ich fand es sehr erschreckend. Meine eigenen Kinder gingen auch zur Musikschule, lernten Instrumente, gingen zum Schwimmen etc. Aber nicht weil wir Erwachsenen es wollten, weil wir Leistung einforderten sondern weil sie sich ausprobieren wollten. Jeder hat das machen dürfen was er wollte und wenn er nach einer Zeit zu der Erkenntnis kam das das eine nichts ist und er / sie etwas anderes machen wollte war es völlig oky. Wie kann ein Kind wissen was ihm liegt oder nicht wenn es sich nicht zwanglos ausprobieren kann. Und ja, es gab die Momente, wo ein Lehrer/in sagte, das Kind hat so viel Talent und solle am Ball bleiben und nicht verstanden haben, dass wir dem Kind erlaubten aufzuhören.
Jeder hat seinen Weg gefunden, ganz ohne Druck. Jeder ist froh Erfahrungen gemacht zu haben. Doch wenn ich sehe wie Kinder auf die Geschichte von Kasimir reagieren und mit ihren eigenen Situationen vergleichen, dann macht mir das Angst.
Das die Geschichte so intensiv auf die Kleinen wirkt liegt nicht nur an der Geschichte sondern an dem Gesamtpaket von erzählender Geschichte, Illustration und der grafischen Gestaltung des Textes,  in dem nicht nur die Zeichnungen die Geschichte zum Leben erwecken und Sorgen, Ängste und Freunde visualisieren sondern auch die Schrift,


die mit zittert, mit klappert, mit klopft. Viele kleine Sequenzen gefüllt mit Sprechblasen lassen miterleben wie es Kasimir ergeht. Die Mimik und Gestik der Figuren ist hinreißend und sehr ausdrucksstark. 
Sie sprechen die Kinder sofort an und sind bei aller Sorgen auch sehr fröhlich, witzig und zum Schmunzeln.

So haben wir hier ein Bilderbuch, dass, Spaß macht und viel gibt.
Vor allem macht es Mut und betätigt Kinder darin ihren Weg zu gehen.
Erwachsenen zeigt es, dass man Kinder nicht überfordern sollte und vor allem, dass man ihnen zuhören muss und nicht den eigenen Willen, eigenen Wunsch aufdrücken darf.

Zum Schluss noch eine Geschichte, die mir eine Erzieherin berichtete.
Tage nach der Vorlesestunde kam ein Mädchen auf die Erzieherin zu und fragte ob sie sich das Buch ausleihen könnte. Die Kleine war 4,5 Jahre alt. Gefragt was sie mit dem Buch machen möchte erklärte sie der Erzieherin, dass sie es ihrer Mutter geben möchte. Sie sollte es sich durchlesen. 
Was das Mädchen bezweckte war klar. Da wo ihr der Mut und die Worte fehlten sollte das Buch für sie sprechen.
Am nächsten Morgen brachte sie das Buch zurück und sagte, ich muss nicht mehr zum Training wenn ich nicht will."