Bildquelle: Kawohl Verlag
Anna und das
Abschiednehmen
von Karin Lorenz & Corinna Arauner
24 Seiten
1. Aufl. 14. Januar 2019
ISBN: 978-3-86338-603-0
Kawohl Verlag
12,80€
Eine sehr einfühlsame Trauergeschichte,
in der Trauerphasen und Gottes Wirken
sehr schön
mit eingebracht sind
für Kinder ab 4 Jahren
Anna liebt es ihren Opa zu besuchen. Ihr Opa hat immer eines von Annas Lieblingsbonbons in der Hosentasche, obwohl er Karamellbonbons überhaupt nicht mag und auch gar nicht verstehen kann, wie die immer in seine Hosentasche wandern.
Mit dieser liebevollen kleinen Einführung, die erst einmal Schmunzeln lässt, beginnt Annas Geschichte, in der sie Abschied von ihrem geliebten Opa nehmen muss. Die Verbundenheit und Zuneigung der beiden zueinander ist in den ersten Illustrationen sehr schön mitzuerleben. Umso besser können wir dann auch Annas tiefe Traurigkeit verstehen und spüren als sie von ihrer Mutter erfährt das der geliebte Opa gestorben ist. Trotz der traurigen Nachricht wird dem Leser beim Lesen oft warm uns Herz, weil die Autorin Karin Lorenz die Mutter so unglaublich liebevolle Worte finden lässt. Sie sagt:
" Opa Paul ist gestorben. Sein liebes Herz hat einfach aufgehört zu schlagen." Wenn man Kindern eine Geschichte zum Thema Tod vorliest, sind genau solche Momente unglaublich wichtig, um in der Traurigkeit noch ein anderes Gefühl zu spüren zu lassen.
Anna ist so traurig, dass ihr Herz weh tut. An diesem Nachmittag mag sie nicht spielen, noch nicht einmal eine Gute-Nacht-Geschichte hören.
Am Abend kommt ihre Oma noch vorbei. Sie setzt sich zu Anna ans Bett. Erst schweigen sie gemeinsam, aneinander gekuschelt, dann fängt die Oma langsam und sehr behutsam ein kleines Gespräch an, in das Anna mit einsteigt. Sie sprechen über die Liebe zum Opa, über seine Liebe zu ihnen und über das Vermissen. Annas Oma schafft es mit wenigen Worten viel und vor allem Wichtiges zu vermitteln. Dabei sagt sie nicht, wie so viele Erwachsenen, dass es bald besser wird, sondern nimmt den Schmerz an, verleugnet ihn nicht. "Das tut sehr weh und da darf man auch weinen," sagt sie.
Nach einer ruhigen Phase kommt dann aber der Moment, an dem Anna richtig wütend ist. "Ich will nicht, dass Opa tot ist", schreit sie. Wieder ist es die Großmutter, die ihr den Rücken streichelt und ihr sagt, dass es oky ist wütend zu sein. Auch sie war wütend und hat mit Gott geschimpft, wie es zulassen konnte, dass der Opa gestorben ist. Sie erklärt der Kleinen, dass man Gott ruhig sagen darf das man böse mit ihm ist. "Der Tod ist etwas Schlimmes".
Anna möchte wissen, wieso Gott nichts dagegen tut, und bekommt von ihrer Oma eine erstaunliche Antwort. Sie erzählt von Gott, von Jesus, von Jesus Auferstehung und der Bedeutung für die Menschen und das Leben danach. Der Opa wird nicht wieder kommen, so wie Jesus, doch es wird ein Wiedersehen geben. Wie genau das aussieht, das wissen wir nicht, und doch hat da jeder so seine eigenen Vorstellungen. Anna stellt sich vor wie ihr Opa auf einer Wolke sitz und muss dabei schon fast ein klein wenig kichern. Der Opa war ein Freund Jesus und Jesus lässt seine Freunde nicht im Stich, das weiß Anna von ihrer Oma.
Früher, als der Opa noch gearbeitet hat, da war er beruflich auch oft weg und Anna hat ihn schrecklich vermisst. Damals hat er Anna immer ein Foto von sich gegeben, so war sie ihm nahe, auch wenn er nicht da ist. Nun gibt Annas Oma ihr ein Foto von ihm. Es scheint Anna zu beruhigen, denn kurz darauf sehen wir sie mit einem kleinen Lächeln schlafend in ihrem Bett, auf dem Kopfkissen das Bild des Opas.
In dieser Nacht träumt Anna von ihrem Opa. Er lächelt und winkt ihr zu. Als sie am Morgen aufwacht liegt eines ihrer Lieblingsbonbons auf ihrem Nachttisch.
Die Geschichte endet mit dem Bild, mit dem sie begonnen hat, mit der Cover-Illustration von Anna und ihrem Opa auf einer Wolke sitzend um sie herum ein paar Karamell- Bonbons.
Das Bild transportiert ganz viel Verbundenheit, die über den Tod hinaus bleibt.
Anna weiß nun, dass es weh tut jemanden zu vermissen, sie weiß, dass es oky ist mit Gott zu hadern, sie weiß aber auch, dass der Tod nicht das Ende ist. Das Jesus alle, ein Freund ist, der auf seine Freunde aufpasst. Sie weiß, dass es dem Opa, da wo er ist, gut geht und er nur vorgegangen ist.
Karin Lorenz einfühlsame, aber auch realistisch, ehrliche Geschichte über das Abschiednehmen, den Tod akzeptieren und Annehmen zeigt die Phasen der Trauer auf, die hier zwar sehr komprimiert wirken aber Kinder spüren und erfahren lassen, dass es sie gibt. Anna ist traurig, Anna ist so traurig, dass ihr das Herz weh tut. Anna ist wütend. Anna hadert mit Gott, sie braucht eine Weile, um Hoffnung zu schöpfen doch am Ende ist ihr leichter ums Herz.
Zu wissen, dass ihr Opa bei Gott, bei Jesus ist und dort auch Schutz findet, dass ihr Opa nicht alleine ist und sie sich wiedersehen werden, das spendet Trost und Hoffnung zu gleich.
Anna und ihre Oma sind sich in der Trauer sehr nah. Die gemeinsame Trauer ist ein wichtiger Aspekt, der leider viel zu oft nicht gegeben ist. Viele Erwachsenen sind so in ihrer eigenen Trauer gefangen, selbst so sprachlos, dass es ihnen schwer fällt Gespräche zu führen, etwas zu erklären. Immer wieder erleben wir Kinder, die von ihren Bezugspersonen nicht in ihrem Trauerprozess angenommen und begleitet werden, weil ihnen selbst (aus den unterschiedlichsten Gründen) die Worte fehlen.
Hier können Bilderbücher wie dieses in vielerlei Hinsicht helfen. Zum einen finden Bilderbücher Worte, wo uns oft welche fehlen und helfen über ihre Geschichte mit Trauer umzugehen, bzw. zu erleben, dass man mit dem, was man fühlt nicht allein ist, zum anderen ist das gemeinsame Lesen aber schon ein Teil des Ganzen, was wichtig ist. In der Trauer nicht allein zu sein, in der Trauer füreinander da zu sein, das ist nicht nur für Kinder wichtig. Und es gibt noch einen weiteren Punkt, wieso Bilderbücher zum Thema Tod so wichtig sind. Sie erzählen leicht verständlich und vermitteln Trost und Hoffnung, genau in der Dosis, die auch Erwachsenen guttut. Sie führen, unterstützen, trösten, helfen.....
Nicht selten bekomme ich genau diese Rückmeldung von den Großen.
Corinna Arauners Illustrationen begleiten die Geschichte sehr liebevoll. Sie visualisieren die Gefühle, zeigen wie Anna aber auch die Mutter und die Oma sich fühlen und vermitteln so Szenen, die viele, die mit dem Tod konfrontiert werden mit persönlichen Erfahrungen verknüpfen können.
Letztendlich ist eine Geschichte zum Thema Tod immer auch ähnlich einem Leidensgenossen. Da ist jemand, dem es genauso (oder ähnlich geht) dieses Gefühl schafft Nähe, Verbundenheit und sich Verstanden fühlen. Das Gefühl nicht allein mit Traurigkeit aber auch Verzweiflung und Wut zu sein tröstet oft schon ungemein. Wenn das dann so wie hier auch noch so wunderbar über die Bilder transportiert wird ist das sehr wertvoll.
Es gibt einige wundervolle Bilderbücher zum Thema Tod, die wenigsten jedoch beziehen Gott und Jesus mit ein.
Wer also eine Geschichte zum Thema Tod sucht und den christlichen Aspekt mit einbezogen, wissen möchte ist hier genau richtig.
Auf euch wartet ein gefühlvolles, wundervoll illustriertes Bilderbuch, das Traurigkeit zulässt aber auch tröstet.
Wer sich näher mit dem Thema Trauer und den Trauerphasen auseinandersetzen möchte dem empfehle ich sich einmal mit dem Modell von Elisabeth Kübler-Ross auseinanderzusetzen.
Die emotionale Veränderungskurve ist hier sehr aufschlussreich.
Hier sieht man sie Angst, den Ärger, die Trauer mit dem Tiefpunkt dem sogenannten Tal der Tränen das dann langsam in die Hoffnung übergeht bis hin zur wiederkehrenden Freude.
Jeder Bereich hat so zu sagen einen Mitspieler.
Erst kommt der Schock, dann das Leugnen (nicht wahrhaben wollen) dann die Akzeptanz, das Verstehen, Experimentieren, Realisieren und dann das Integrieren = einen Weg gefunden zu haben.
Die einzelnen Phasen sind individuell unterschiedlich ausgeprägt und unterschiedlich lang und die Übergänge fließend.
Es gibt weitere Modelle, die oft aber ähnlich dem von Elisabeth Kübler Ross sind, wobei die Benennungen der Phasen teilweise abweichen.
Hier noch die Insta-Bilder