Unsere Lieblingsbücher

Der Brückentroll

Bildquelle: Edition Pastorplatz
Der Brückentroll
von Thomas Hussung
34 Seiten
1. Aufl. 2016
Edition Pastorplatz
ISBN 978-3-943833-15-7
12,00€

Eine Geschichte über Toleranz, Ausgrenzung, Angst vor Fremden, Vorurteilen und wirklicher Freundschaft
für Kinder ab 5 Jahren

Die Bilder mögen für den ein oder anderen düster wirken. Der Titel Brückentroll sogar etwas seltsam oder befremdlich.
"Das soll ein Kinderbuch sein?" hörte ich neulich in einer Bahnhofsbuchhandlung jemanden sagen.
Ja, es ist ein Kinderbuch, was nicht heißt, dass es nicht auch eine Geschichte für Erwachsene ist und wenn man mich fragt sollte man es vielen Erwachsenen vorlesen, denn Kinder sind oft wesentlich offener als ihre Eltern. Für mich sind die kleinen mit ihrer Unbefangenheit, ihrer Neugierde wesentlich erwachsener im Wesen als einige Erwachsene und so wunderte es mich nicht, das unsere Lesekinder dieses, leider etwas kleinformatige, Bilderbuch gleich in ihr Herz geschlossen haben. Die Bilder sind keineswegs duster und Trolle für Kinder wie Erwachsene im Grunde Wesen, die man schnell lieb gewinnt.
Zugegebenen Thomas Hussungs Illustrationen sind anders wie die meisten Bilderbuchillustrationen aber gerade das ist ja das schöne, was Kinder auch so lieben. Kein verniedlichter Einheitsbrei sondern charaktervolle, ausdrucksstarke Zeichnungen, die wirklich Bände sprechen so lebendig sind sie.
Nun aber genug der Vorrede kommen wir zum Buch und der wundervollen Geschichte.
Der gewissenhafte Zugbrückenwärter sitzt Tag ein Tag aus in seinem Zugbrückenwärter Häuschen. Die meisten der Kinder werden solch eine Brücker überhaupt nicht mehr kennen und so ist ihnen auch die Arbeit eines Zugbrückenwärters vermutlich gänzlich unbekannt- Ein klein wenig erinnert es von innen  an ein Eisenbahnwärterhäuschen. Viele Knöpfe, einige Schalthebel ansonsten recht trist wie die Arbeit eines Zugbrückenwärters, der zu bestimmten Zeiten veranlassen muss die Brücke hochzuziehen. Doch eines Tages entdeckt der Wärter unter seiner Brücke einen seltsamen Brückentroll.
 Wir können uns denken, wie der Brückenwärter reagiert. Das da jemand unter seiner Brücke wohnt, das geht gar nicht. Der Ansicht ist nicht nur er sondern auch die Bürger der Stadt und sogar der Kapitäne, die mit ihren Schiffen durch die geöffnete Brücke fahren. Doch im Gegensatz zur Bevölkerung zeigt der selbst recht einsame Beamte Mitgefühl mit dem Troll ( er kann auch schon so einem nett drein schauenden Wesen böse sein?)


und duldet ihn zunächst einmal, sehr zum Ärger der anderen unter der Brücke.
Die beiden freunden sich an. Die vielen bunten Knöpfe und Hebel im Zugbrückenwärterhäuschen interessieren ihn.


Doch die Wiederständen werden größer, der Zugbrückenwärter gerät selbst in die Schusslinie der aufgebrachten Menschen und so muss der Troll weichen. Aber kann man einen traurigen, weinenden Troll wirklich endgültig weg schicken? Noch dazu wo die beiden sich langsam angefreundet hatten.


Der Zugbrückenwärter gerät in einen ziemlichen inneren Konflikt. Eigentlich ist klar, der Troll gehört zu ihm unter die Brücke, doch wie erklärt er das den anderen, die den Troll nicht da sehen möchten. Wie kann es gelingen nicht selbst ins Abseits zu geraten. Er möchte doch von allen gemocht werden und nicht wegen der Freundschaft zu einem Troll plötzlich angefeindet oder gemieden werden. Soll er dem Druck der Menschen tatsächlich nachgeben?
Nein, das geht nicht. Es muss eine andere Lösung geben.
Kurzerhand wird der Schlafplatz des Trolls umbaut. Wie ein Häuschen unter der Brücke, sogar mit eigenem Briefkasten. Mehr noch der Wärter stellt ihn als Helfer ein. Ob das die aufgebrachte Bevölkerung beruhigt?
Es ist en so wundervolles Buch, das die Kinder sofort ins Herz geschlossen haben. Klar der Troll mit den großen runden Glupschaugen und den unförmigen Gesichtszügen, den muss man einfach ins Herz schließen aber auch die ausdrucksstarke durchaus sympathische Illustration des Zugbrückenwärters kommt bei den Kleinen gut an.
Was in meiner inhaltlichen Darstellung jetzt noch fehlt sind die vielen wundervollen, teilweise übermütigen und witzigen Situationen die die beiden neuen Freunde zusammen erleben, den mit dem Troll kommt auch das triste Beamtenleben wieder in Wallung. Ein wenig als hätte der Troll ihn aus einem Dornröschenschlaf geweckt.
Nicht alles was geschieht und was die beiden erleben finden wir im Text. Gekonnt sielt der Bilderbuchmacher mit Informationen, die es nur in der Erzählung gibt und Geschichten, die nur über die Bilder erzählt werden.
Eine fantastische, spannende Einheit, in der es immer von viel Raum für eigene Entdeckungen und Interpretationen gibt.
Thematisch bietet das Buch viel. Es ist eine wundervolle Freundschaftsgeschichte, die so stark wird das sie scheinbare Grenzen überwindet. Einer muss den Anfang machen, menschlich sein, zeigen, dass das scheinbar Fremde gar nicht so fremd ist und vor allem das man nicht ausgrenzen sondern integrieren muss. So hat der Troll Dank seines neuen Freundes seinen Platz gefunden. Das Leben der beiden ist reicher geworden und die anderen?

*
Wir haben in unmittelbarer Nähe eine große Flüchtlingsunterkunft. Wir haben dieses Buch zum Anlass genommen über Menschen zu sprechen, die uns fremd sind. Das sind nicht nur Menschen aus anderen Ländern. Das kann auch der böse drein schauende, grummelig wirkende Nachbar sein oder ein Kind das sich anders verhält als die anderen.
Sofort reagieren viele mit Ablehnung nur weil etwas ihnen so fremd erscheint, dass sie ein Gefühl von Angst oder Skepsis entwickeln ohne den anderen versucht haben kennen zu lernen.

Bei unseren Gespräche ist uns immer wieder aufgefallen, dass man lieber Angst hat oder sich ein vorschnelles Urteil bildet anstatt den anderen Kennen zu lernen, der Sache auf den Grund zu gehen. Dabei stellten einige Kinder fest, dass man zwar die Containersiedlung und den dazugehörigen Spielplatz und das Freigeländer der Unterkunft sieht aber nie Menschen. Wie kann das sein?
Aus dieser Frage wurde ein kleines Projekt.
Die Kinder im Alter zwischen 4 und 12 Jahren wollten wirklich wissen wer da denn wohnt. Gibt es da Kinder? Wenn da ein Spielplatz ist muss es doch auch Kinder geben. Dürfen wir da auch hin?
Die Fragen der Kinder waren auch die Fragen der Eltern.
Es schien fast so als wären die Eltern froh, das die Kinder diese Fragen stellten, Fragen die sie sich nicht getraut hätten zu fragen.
Ich hätte jetzt antworten können, denn ich kenne die Menschen dort, habe auch mit ihnen Bilderbücher angeschaut und mit ihnen viel geredet.
Doch ich habe nicht geantwortet sondern die Kinder gefragt:
"Was könnten wir machen um eure Fragen zu beantworten?"
Es kamen die erwarteten Antworten, die gleichzeitig  wieder Fragen aufwarfen.
"Hingehen und gucken", "hingehen und fragen", "...aber da kann man da so einfach hingehen?" "Darf man das?"
Also machte ich einen Vorschlag. Ich rief den Leiter der Unterkunft an und fragte ihn ob wir einmal zu Besuch kommen könnten.
Der freute sich sehr über die Anfrage und lud uns ein paar Tage später ein. So wanderten wir die paar Meter hinüber. Einige Kinder hatten Spielzeug mitgenommen. Bälle, Seilchen, Federballschläger etc.
Dort angekommen begrüßte uns nicht nur der Leiter sondern um ihn herum wuselten mindestens 20 Kinder zwischen 1 und 7 Jahren. Einige Eltern hatten noch Babys im Arm.
Doch wenn es Innen so wuselig ist wieso geht niemand raus?
Diese Frage stellten die Kinder als erstes und bekamen eine erschreckende Antwort. Sie gehen kaum raus weil sie Angst vor den anderen Menschen haben. Sie wissen das viele sie hier nicht gerne sehen, dass viele wollen, dass sie verschwinden und um nicht oder nur wenig aufzufallen bleiben sie lieber drinnen.
Die Kinder aber auch Eltern waren geschockt, das sah man deutlich.
Doch unsere Kinder reagierten schnell nahmen die Kinder, die so gut wie kein Deutsch konnten, an die Hände und gingen mit ihnen und den mitgebrachten Spielsachen auf den Spielplatz. Ein Mädchen sagte:" ihr müsst keine Angst haben, wir sind eure Freunde und beschützen euch!" und auch wenn es niemand verstanden hat wussten glaube ich alle was sie gesagt hat.
Es war ein wunderschöner Nachmittag, an dem die Eltern sich mit den Eltern und die Kinder mit den Kindern "unterhalten" haben. Kinder kennen keine Sprachbarrieren und Eltern lernen von ihren Kindern. So war es für alle ein toller ereignisreicher Tag. Auf dem Rückweg erklärten mir einige der Eltern, dass sie sich nie getraut hätten einmal alleine dort hin zu gehen, auch wenn es sie interessiert hätte.
Ja, so ist das leider viel zu häufig.
Die Angst vor dem Unbekannten, die meistens völlig unbegründet ist.
So sieht man, was eine Geschichte, wie die vom Brückentroll alles auslösen kann.

Wir lesen das Buch sehr häufig, einfach so, immer und immer wieder weil es eine Lieblingsgeschichte der Kinder geworden ist. Sie haben dazu auch ihre neuen Freunde eingeladen und manchmal, da nehmen wir unsere neuen Bilderbücher und gehen gemeinsam in die Flüchtlingsunterkunft.
Und immer wieder gibt es Eltern, die fragen ob sie mit gehen dürfen.

Toleranz/ Intolleranz, Vorurteile, Angst vor Fremden und unser Schubladendenken  sind Inhalt der Geschichte von Brückentroll. In den unterschiedlichsten Lebenslagen / Situationen werden wir mit Anderssein, Fremdsein , Obdachlosigkeit etc. konfrontiert. Ich hoffe das diese Geschichte viel gelesen wird und Augen öffnet, denn hinter jedem Menschen steckt eine Geschichte, ein Wesen mit Gefühlen auf dem niemand herumtreten darf.
Mitmenschlichkeit, ein Auge auf den anderen haben, Hilfsbereitschaft, Offenheit, so wie es der Zugbrückenwärter uns vor macht müssen leider viele von uns noch lernen.
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https://www.editionpastorplatz.de/index.php/buecher/kinderbuecher/76-der-brueckentroll


Wer mag kann sich noch dieses kleine Youtube Video des Verlages anschauen. Es macht so wundervoll deutlich, das es sich hier keineswegs um eine dunkle Geschichte handelt sondern um eine Gefühlvolle auch mit fröhlichen Elementen.

Hier der direkte Link zum Youtube Video
Danke an den Verlag, das ich das Video hier einbauen durfte
https://www.youtube.com/watch?time_continue=10&v=1HgPCrA14B8

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 Sämtliche hier gezeigten Bilder sind vom Verlag Edition Pastorplatz
 
 
 
Noch mehr Geschichten vom Brückentroll gibt es in einem zweiten Bilderbuch:
 

Leider haben wir es noch nicht in der Kinderbücherei daher hier nur
der Link zum Verlag dort erfahrt ihr mehr.
https://www.editionpastorplatz.de/index.php/buecher/kinderbuecher/109-der-brueckentroll-und-die-zugbrueckentrollwohngemeinschaft

Der Brückentroll und die Zugbrückentrollwohngemeinschaft
von Thomas Hussung
30 Seiten
Edition Pastorplatz
ISBN 978-3-943833-24-9
12,00€

 
... und hier schon einmal ein paar Bilder, die euch bestimmt neugierig machen
 (Alle Bilder stammen von Verlag)